Von Maja Roedenbeck Schäfer. Sie ist bei der Diakonie Deutschland als Projektleiterin verantwortlich für das Karriereportal und die preisgekrönte Recruiting-Kampagne.
In manchen Branchen in den USA sind sie Gang und Gäbe – in Deutschland und ganz besonders im deutschen Sozial- und Gesundheitswesen kann man sich damit noch von anderen Arbeitgebern und ihren Recruiting-Strategien abheben: Die Rede ist von den so genannten „Now Hiring“-Karten. Es handelt sich dabei um Kärtchen meist in Visitenkartengröße. Jeder Mitarbeiter bekommt einen Vorrat davon ausgehändigt und führt sie – eben wie Visitenkarten – ständig mit sich. Wenn er jemanden trifft oder kennenlernt, der als Mitarbeiter für seinen Arbeitgeber infrage käme, trägt er seinen eigenen Namen und den der Person, die er als neuen Mitarbeiter empfehlen möchte, auf der Karte ein. Die empfohlene Person heftet die Karte an ihre Bewerbung. So sieht die Personalabteilung, welche Bewerbung über wen zustande kam, und kann sich bei den Empfehler*innen mit einem Geschenk oder sogar einer Geldprämie bedanken. Der Name „Now Hiring“-Karten kommt daher, dass die Vorderseite der Karten meist ein Schriftzug in großen Lettern ziert: „Now Hiring“ oder „Always Hiring“.
Die Diakonie Deutschland hat sich anlässlich des Internationalen Tags der Pflege von dieser Methode inspirieren lassen – denn schließlich geht es uns genauso. Wir suchen jederzeit neue Pflegekräfte für unsere Pflegeheime, Krankenhäuser und ambulanten Pflegestationen und stellen ständig ein. Für unseren bundesweiten Aktionstag Pflege, bei dem unsere 3.000 Pflegeheime aufgerufen waren, Recruiting-Events vor Ort auszurichten, produzierten wir „Now Hiring“-Karten, die an die Mitarbeitenden verteilt wurden. Die Idee für den Spruch „Wir suchen die Guten!“ kam von Barbara Bayer, Lektorin im Walhalla Verlag. Im Zentrum Kommunikation der Diakonie wurde er ergänzt um den Zusatz „Komm‘ ins Team Diakonie!“ Als Format wählten wir statt der Visitenkartengröße – der besseren Sichtbarkeit wegen – die Postkartengröße. Es gibt unsere „Now Hiring Card“ auch als beschreibbares PDF, um sie an eine Onlinebewerbung anhängen zu können.
Die Karten waren als analoge Alternative zu unserem digitalen „Mitarbeiter werben Mitarbeiter“-Programm auf der Software „Talentry“ gedacht. Seit 2016 erproben dort mehrere unserer Träger die Weiterleitung von Stellenanzeigen über WhatsApp, XING, Facebook und andere Kanäle durch die Mitarbeiterschaft – und die Belohnung mit einer Geldprämie. Denn laut Studien sind über 50 Prozent der Mitarbeiter (branchenübergreifend) bereit, Freunde und Bekannte als Mitarbeiter zu empfehlen. Bei fast 530.000 Mitarbeitenden der Diakonie bundesweit ist das ein riesiges Multiplikatoren-Potential. Auch sind Mitarbeiter, die über Empfehlungen kommen, schneller produktiv (brauchen eine kürzere Einarbeitungszeit) als Mitarbeiter, die über andere Kanäle wie Stellenbörsen kommen, und bleiben dem Unternehmen länger treu.
Warum sollten Arbeitgeber im Sozial- und Gesundheitswesen „Now Hiring“-Karten nutzen? Drei gute Gründe:
- Weil Empfehlungen die neue Marketing-Währung sind. Ob Hotel-, Restaurant- oder Arbeitgeberbewertungsportale: Überall geht es darum, Freunden mitzuteilen, wie, wo und mit wem man seine Zeit verbracht hat und was man dabei erlebt hat. Diese Empfehlungen werden als authentischer empfunden als Werbeplakate & Co. Arbeitgeber sollten sich diesen Trend zunutze machen.
- Weil Mitarbeiterempfehlungsprogramme Ihren Mitarbeitern das Gefühl geben, selbst etwas dazu beitragen zu können, die Situation zu verbessern (Teams zu vervollständigen, den Arbeitgeber zukunftsfähig zu machen). Während das Gefühl von Ohnmacht gegenüber dem Pflegenotstand dazu führt, dass Pflegekräfte den Beruf wechseln, führt das Gefühl, etwas bewirken zu können, zu einem stärkeren Commitment.
- Weil Mitarbeiterempfehlungsprogramme nur funktionieren, wenn die Stammbelegschaft ständig aufs Neue dazu angeregt wird, sich im Verwandten- und Bekanntenkreis nach geeigneten Kollegen umzusehen. Wer einfach nur einmalig einen Zettel am Schwarzen Brett aushängt oder eine E-Mail herumschickt, man möge sich doch bitte gerne melden, wenn man gute Leute kennt, wird erfahrungsgemäß kaum Rückmeldung ernten. Die „Now Hiring-Karten“ dagegen – gerade in Visitenkartengröße – kann man immer im Portemonnaie bei sich tragen und man wird bei jedem Blick darauf erinnert, sich umzuschauen. Irgendwann wird der Griff danach zum Automatismus und die Recruiting-Methode ist zur Selbstverständlichkeit geworden.