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Personalmanagement muss „Chefsache“ werden

Ein Beitrag von Prof. Dr. Jochen Ribbeck

Der Fachkräftemangel ist für immer mehr Organisationen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft eine zentrale strategische Herausforderung. Um ihm zu begegnen und qualifizierte und engagierte Mitarbeitende nicht nur zu gewinnen, sondern auch dauerhaft zu integrieren, ist es fundamental wichtig, die richtigen, erfolgversprechenden Ansätze zu wählen. Der Wichtigste: Personalmanagement muss „Chefsache“ werden.

Es braucht Mitarbeitendenzentrierung

Fasst man die großen Trends im Personalmanagement zusammen, geht es im Kern stets darum, „echte“ Mitarbeitendenzentrierung zu realisieren. Es ist wichtig und richtig, administrative Serviceprozesse zu optimieren. Aber das greift zu kurz, der Blick muss weiter reichen. Falsch wäre es, neue Konzepte, die unter Schlagwörtern wie „Agilität“ oder „New Work“ rangieren, einfach blind zu übernehmen. Organisationen müssen vielmehr ernsthafte Anstrengungen unternehmen, um die Bedürfnisse und Interessen Ihrer Mitarbeitenden wirklich zu verstehen.

Das ist zunächst eine Frage der Haltung. Führung, insbesondere die Organisationsleitung, muss die Verantwortung für die wichtigste Ressource „Personal“ glaubhaft übernehmen. Und natürlich ist es in der Folge dann auch erforderlich, die Servicequalität zu verbessern, Arbeitsbedingungen zu verändern bzw. zu verbessern und in Personalentwicklung zu investieren.

Personal- und Unternehmensstrategie verknüpfen

Investitionen in den Personalbereich setzen eine Priorisierung der Ressource Personal und damit des Personalmanagements voraus. Investition in die Personalfunktion bedeutet daher zunächst, die Verantwortung für die Personalfunktion auf der Ebene der Organisationsleitung zu verankern. Das Personalmanagement ist in die unternehmensstrategische Planung zu integrieren. Dabei sollten alle relevanten Akteure, insbesondere die Personalverwaltung, aktiv einbezogen werden. Die Schnittstelle zwischen Management und Personaladministration wird im Idealfall organisationsspezifisch geklärt.

Digitalisierung vorantreiben

Vorläufige Ergebnisse einer eigenen Studie zur Zukunft des Personalmanagements in der Sozialwirtschaft stellen die Thematik „Digitalisierung, KI, Robotik“ ganz oben auf die Agenda. Die Sozialwirtschaft hat hier offensichtlich viel aufzuholen. Damit sind zunächst wichtige Entwicklungen in der Personaladministration gemeint, wie die Einführung der digitalen Personalakte, digitale Serviceprozesse oder die Nutzung von Social Media für die Personalgewinnung. Darüber hinaus ist eine weitere Ebene betroffen. Zu stark sind noch technik- und innovationskritische Einstellungen in den Organisationen, die der digitalen Entwicklung im Wege stehen. Es geht aber nicht um eine 180-Grad-Wende. Es braucht vielmehr eine kritische Kulturwende, die eine Balance zwischen Technik und Humanität ermöglicht und anstrebt.

Fundiertes Wissen aktiv nutzen

Gerade im Personalmanagement wird hartnäckig an vertrauter, nur scheinbar erfolgreicher Praxis festgehalten. Es ist sinnvoll, auf erprobtes und noch mehr auf evidentes Wissen aus der Personal- und Organisationsforschung zurückzugreifen, um Veränderungen voranzubringen. Und neue, viel versprechende Ansätze für die Praxis zu prüfen, wie sie derzeit etwa mit Employee Journey und Employee Experience diskutiert werden.

Zum Autor des Beitrags:
Prof. Dr. Jochen Ribbeck lehrt Management in der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungshochschule München. Er greift dabei auf 16 Jahre eigene Führungserfahrung in der Sozialwirtschaft zurück.

Keine Angst vor Verantwortung: Führen in der Sozialen Arbeit

Die Anforderungen an Führungskräfte in der Sozialen Arbeit und im Sozialmanagement sind vielfältig und gehen weit über die Fachlichkeit hinaus. Manch einer, der bisher Mitarbeitender ist, scheut vielleicht deshalb den Sprung in die Verantwortung. Doch der Wechsel in eine Aufgabe als Abteilungs-, Bereichs- oder Einrichtungsleitung kann gelingen, wenn die Erwartungen an die künftige Rolle realistisch sind. Die WALHALLA-Fachredaktion hat dazu mit Prof. Dr. Armin Schneider gesprochen.

Herr Prof. Schneider, was ändert sich, wenn Mitarbeitende in die Führungsrolle wechseln?

Mit der neuen Rolle ändern sich auch die Verhaltenserwartungen der Mitarbeitenden an die neue Führungskraft und die Position in der Organisation. Falsch wäre es, als neue Führungskraft zu sagen: „Es ändert sich jetzt nichts“, denn im Zweifelsfall muss die neue Führungskraft auch Entscheidungen gegen den Willen einzelner Mitarbeiter „durchsetzen“ und sie kann auf keinen Fall allen alles recht machen. Stärker als Führungskräfte von außen, werden Führungskräfte von Innen genau in ihrem Handeln beobachtet und mit „vorher“ (also ihrer Tätigkeit vor der Führungsaufgabe) verglichen.

Sie mahnen in Ihrem Buch, dass neue Führungskräfte am Anfang nicht zu viel wollen sollten. Was sollte man unbedingt beachten?

Für erfolgreiche Veränderungen sind neben einer gemeinsamen Vision vor allem ein möglichst breiter Konsens, Werkzeuge, Anreize, Ressourcen und Handlungspläne erforderlich. Fehlt eine dieser Komponenten, führt dies zu Fehlentwicklungen. Fehlen z.B. Anreize kann dies zu Widerstand führen („Warum soll ich meine Arbeit ändern, wenn ich davon nichts habe?“). Unter Anreizen sind aber weniger materielle Anreize zu verstehen, sondern vor allem Wertschätzung, das Gesehen-Werden, das Verständnis. Insbesondere in Organisationen der Sozialen Arbeit, deren Mitarbeitende in der Regel ein hohes Maß an intrinsischer Motivation und Begeisterung für ihre Tätigkeit haben, spielt das eine wichtige Rolle.

Also erstmal nicht mit zu vielen Ideen kommen?

Es ist wichtig, sich zu Beginn alle Ideen zu notieren, damit sie nicht verloren gehen. Im Laufe der ersten Wochen und Monate, wenn man die Organisation aus der Führungsposition heraus (neu) kennen lernt, kommen dann in der Regel noch weitere Ideen hinzu. Man sollte sich dann die Zeit zu nehmen, noch einmal mit Abstand auf die ersten Ideen zu sehen. Dann sollte man planvoll und in einzelnen Schritten vorgehen, sich selbst „Etappenziele“ setzen und gleichzeitig nicht den Blick für das Ganze und vor allem auf die Mitarbeitenden verlieren.

Muss man als Führungskraft Angst vor Fehlern haben?

Auch eine Führungskraft ist nur ein Mensch. Und deshalb unterlaufen auch neuen Führungskräften, wie allen anderen Menschen Fehler, die sich nur zu einem Teil vermeiden lassen. Die gute Nachricht ist: Aus Fehlern kann man lernen. Fehler machen ist menschlich. Und: Fehler sind Helfer, beide Worte haben (ist das ein Zufall?) die gleichen Buchstaben in sich! Es gibt eine Fülle von Tipps, Checklisten und Ideen für die ersten 100 Tage als neue Führungskraft. Übrigens: Ob Sie als Hauptamtliche oder Hauptamtlicher führen, oder ehrenamtlich: Manche Dinge sind anders, aber viele Herausforderungen sind ähnlich.

WALHALLA-Fachredaktion: Danke für das Gespräch.

Leseprobe: Die ersten 100 Tage und danach… Handbuch für neue Führungskräfte

Video: Die ersten 100 Tage als Führungskraft

Ein Videobeitrag von Prof. Dr. Armin Schneider

Die ersten 100 Tage in einer neuen Führungsposition wirken prägend und sind bedeutend für den weiteren Weg. In diesem Videobeitrag verrät Prof. Dr. Armin Schneider, welche fünf Bereiche während der ersten Wochen in der neuen Rolle besonders im Fokus stehen sollten.

 

Coverabbildung Die ersten 100 Tage und danach... Handbuch für neue FührungskräfteDie ersten 100 Tage und danach…
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Prof. Dr. Armin Schneider, Hochschule Koblenz, Fachbereich Sozialwissenschaften
Direktor des Institutes für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB), Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften, Mitherausgeber der Blauen Reihe