Professor Dr. Paul Brandl

Führungskräfte sind der Motor von Transformation

Wie kann Change-Management die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft erfolgreich gestalten? Dazu führte Daniel Markert, Bachelor-Absolvent der FHM Bamberg im Schwerpunkt Sozialpädagogik & Management, ein Experteninterview mit WALHALLA-Autor Prof. Dr. Paul Brandl. Das zentrale Fazit: Führungskräfte sind und bleiben der zentrale Hebel in Transformationsprozessen. Ohne ihre Direktive und aktive Beteiligung findet kein Wandel statt.

„Transformation gelingt nur, wenn Führungskräfte sie wollen und nur mit frühzeitiger, kontinuierlicher Beteiligung aller Mitarbeitenden“, betonte Prof. Brandl. „Es muss eine gemeinsame Kultur der Veränderung entstehen, es müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen.“

Häufig werde Digitalisierung als reines IT-Projekt verstanden, doch das sei zu kurz gegriffen. „Digitalisierung bringt einen grundlegenden kulturellen und organisatorischen Wandel in der Organisation mit sich.“ Damit Digitalisierungsprozesse gelingen, brauche es Lean Management. „Komplexe Software oder isolierte Lösungen bringen keinen Fortschritt – es braucht ein ganzheitliches Prozessverständnis.“ Echte Transformation erfordere ein neues Denken statt digitaler Replikation bestehender Prozesse.

Aktuell flüchteten sich viele Organisationen der Sozialwirtschaft in Prokrastination, meint der Experte: „Digitalisierung wird zwar besprochen, aber nicht umgesetzt.“ Auch Aufsichtsgremien agierten oft bremsend, da sie Projekte nach klassischen Maßstäben bewerteten und das Prozessdenken fehle.

Ein gelungenes Beispiel für gelungene Digitalisierung in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft sei die automatisierte Medikamentenverblisterung. „Hier zeigt sich, wie Digitalisierung entlasten kann“, so der Fachmann, der lange Jahre an der FH Oberösterreich lehrte und zum Prozessdenken forschte. Die Fehleranfälligkeit sei gesunken, Fachkräfte würden von monotonen Aufgaben befreit und für zwischenmenschlich sinnvolle Tätigkeiten eingesetzt. „Das muss das Ziel von Digitalisierung sein. Sie darf nicht zum Selbstzweck werden, sondern muss dem Menschen dienen.“

Die multidisziplinäre Zusammenarbeit über digitale Schnittstellen erfordere aber neue Formen der Kommunikation und Kooperation. Zudem seien ethische Maßstäbe bei der Techniknutzung wichtig, insbesondere im Umgang mit vulnerablen Klient:innen und Klient:innen in sensiblen Bereichen. Der Blick hier müsse ganzheitlich sein und etwa auch Supportprozesse wie Reinigung oder Logistik umfassen.

Der Fachmann empfiehlt sozialen Organisationen, realistische Schritte zu gehen, nicht auf perfekte Lösungen zu warten, sondern ins Handeln zu kommen. Und ganz wichtig: Die Mitarbeitenden nicht zu vergessen. „Deshalb ist Digitalisierung heute ein wichtiger Teil der strategischen Führung von Unternehmen und muss auch von der Führungsebene gesteuert werden.“

Protokoll: WALHALLA Fachredaktion Soziales