Symbolbild Wortwolke zum Mutterschutz, Mutterschutzrecht und neuen Mutterschutzgesetz

Das novellierte Mutterschutzrecht: Besserer Schutz für Schwangere, neue Pflichten für Arbeitgeber

Das „Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG)“ schützt Mütter vor und nach der Geburt ihres Kindes vor Gefährdungen, Überforderung und Gesundheitsschädigung an ihrem Arbeitsplatz. Das Mutterschaftsgeld verhindert finanzielle Einbußen, ein besonderer Kündigungsschutz den Verlust des Arbeitsplatzes.

Das ist schon seit Einführung der Vorschrift in den 50er Jahren so. Durch die Neuregelung des Mutterschutzrechts wird dieser Schutz nun noch weiter ausgebaut und gleichzeitig an die Erfordernisse unserer Zeit angepasst.

Vorgezogene Verbesserungen im Mutterschutzrecht

Folgende Verbesserungen sind bereits am 30. Mai 2017 in Kraft getreten:

  • Die Geburt eines Kindes mit Behinderungen geht oft mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen einher, vielfach sind besondere Organisationsmaßnahmen zu treffen. Deshalb wurde die Schutzfrist nach der Geburt in diesen Fällen von acht auf zwölf Wochen verlängert.
  • Erfolgt eine Fehlgeburt nach der zwölften Schwangerschaftswoche, so besteht nun ein Kündigungsschutz von insgesamt 4 Monaten.
  • Selbstständige Frauen, die eine private Krankentagegeldversicherung abgeschlossen haben, haben nun während der Mutterschutzfristen einen Anspruch auf Zahlung des vereinbarten Krankentagegeldes. Bisher waren sie während der Schutzfristen nach dem Mutterschutzgesetz oft finanziell nicht oder nicht ausreichend abgesichert.

Geltung der Mutterschutzreform zum Jahreswechsel

Seit 1. Januar 2018 wirkt das novellierte Mutterschutzrecht zur Gänze. Hier eine Zusammenstellung der wichtigsten Neuerungen:

Strukturelle Änderungen

Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) erhält eine neue Erstfassung. Dabei gibt der neue Gesetzestitel das Programm vor: „Gesetz zum Schutz von Müttern bei der Arbeit, in der Ausbildung und im Studium (Mutterschutzgesetz – MuSchG)“. Die „Verordnung zum Schutz der Mütter am Arbeitsplatz (MuSchArbV)“ wird aufgehoben, die bisherigen Bestimmungen der MuSchArbV in das MuSchG integriert.

Ausweitung des geschützten Personenkreises

Bisher gilt das MuSchG nur für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen oder Heimarbeit ausführen. Ab dem 1.1.2018 wird dieser Schutzkreis auf Frauen ausgeweitet, die in jeglichem „Beschäftigungsverhältnis“ stehen. Er gilt dann auch für Praktikantinnen, Frauen in betrieblicher Berufsbildung oder Frauen, die als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind, etwa Geschäftsführerinnen ohne Gesellschaftsanteile, aber auch Frauen, die eine Arbeitsgelegenheit wahrnehmen – entweder in Form von Ein-Euro-Jobs oder aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Darüber hinaus gilt das Gesetz künftig auch direkt für Teilnehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes, Entwicklungshelferinnen sowie behinderte Mitarbeiterinnen in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen, auch wenn dort der Aspekt der sozialen Betreuung überwiegt.

Schülerinnen und Studentinnen werden dann in den Anwendungsbereich des neuen MuSchG einbezogen, wenn die Ausbildungsstelle Ort, Zeit und Ablauf der Ausbildungsveranstaltung verpflichtend vorgibt oder die Schülerinnen oder Studentinnen im Rahmen der schulischen oder hochschulischen Ausbildung ein verpflichtendes Praktikum ableisten. Bezüglich der Ausbildung an der Schule/Hochschule gilt das strikte Beschäftigungsverbot bis acht Wochen nach der Geburt aber nicht: Schülerinnen und Studentinnen steht es frei, Klausuren zu schreiben oder Unterricht und Vorlesungen zu besuchen.

Gestaltung der Arbeitsbedingungen: unverantwortbare Gefährdungen vermeiden

„Der Arbeitgeber hat die Arbeitsbedingungen so zu gestalten, dass Gefährdungen einer schwangeren oder stillenden Frau oder ihres Kindes möglichst vermieden werden und eine unverantwortbare Gefährdung ausgeschlossen ist.“ So der Wortlaut des neuen § 9 Absatz 2.

Insbesondere der neu eingeführte Begriff „unverantwortbare Gefährdung“ bringt derzeit noch Probleme, weil sich niemand vorstellen kann, was darunter in der Praxis zu verstehen ist. Die gesetzliche Definition hilft hier nicht wirklich weiter: „Eine Gefährdung ist unverantwortbar, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung angesichts der zu erwartenden Schwere des möglichen Gesundheitsschadens nicht hinnehmbar ist.“

Dies war dem Gesetzgeber bereits bei Ausarbeitung der Novelle bewusst; er hat daher einen „Ausschuss für Mutterschutz“ geschaffen. Dieser wird eine Schlüsselrolle bei der Definition des Begriffs haben. Die Ausschussmitglieder sollen mögliche Gefährdungen von schwangeren und stillenden Frauen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen ermitteln, sicherheitstechnische, arbeitsmedizinische und hygienische Regeln zum Schutz der Frauen am Arbeitsplatz aufstellen sowie berufsgruppenbezogene Ausarbeitungen zur Umsetzung mutterschutzrechtlicher Vorgaben erstellen.

Damit bereits ab Jahreswechsel mit dem neuen Begriff gearbeitet werden kann, hat der Bundestag in einen Entschließungsantrag festgelegt, dass die Bundesregierung im Einvernehmen mit den Ländern sowohl den Vollzugsbehörden als auch den Arbeitgebern Hinweise zum Vollzug des Gesetzes zur Verfügung stellen soll. Dort soll auch Begriff der „unverantwortbare Gefährdung“ – zumindest bis es neue Erkenntnisse des Ausschusses gibt – geklärt werden. Bleibt zu hoffen, dass dies auch wirklich bis zum Inkrafttreten des neuen Mutterschutzgesetzes geschieht.

Neue Arbeitgeberpflichten bei der Gefährdungsbeurteilung

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber künftig immer auch zu prüfen, welchen Gefährdungen schwangere und stillende Frauen ausgesetzt sind – und zwar unabhängig davon, ob auf dem konkreten Arbeitsplatz derzeit überhaupt eine schwangere Frau beschäftigt wird bzw. ob überhaupt Frauen im Unternehmen beschäftigt werden. Da sämtliche Arbeitsplätze geschlechtsneutral auszuschreiben sind, ist die Gefährdungsbeurteilung (prophylaktisch) somit auch dann durchzuführen, wenn (noch) keine Frauen im Unternehmen arbeiten.

Nach Mitteilung von der Schwangerschaft hat der Arbeitgeber der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten. Die Gefährdungsbeurteilung und das Gesprächsangebot (bzw. durchgeführte Gespräch) ist zu dokumentieren.

Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, so muss er unverzüglich die in der Gefährdungsbeurteilung festgelegten Schutzmaßnahmen umsetzen.

Beschäftigungsverbote aus betrieblichen Gründen nur noch in wenigen Ausnahmefällen

Beschäftigungsverbote für stillende und schwangere Frauen sollen so selten wie möglich ausgesprochen werden. Die Weiterbeschäftigung ist eines der ausdrücklichen Ziele des novellierten MuSchG. Es gilt daher ein neues Rangverhältnis von Schutzmaßnahmen:

  • Vorrang hat die Umgestaltung des Arbeitsplatzes.
  • Reicht dies nicht aus oder ist dies nicht möglich, muss ein Arbeitsplatzwechsel angeboten werden.

Nur wenn der Arbeitgeber unverantwortbare Gefährdungen mit diesen beiden Maßnahmen nicht ausschließen kann, darf ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.

Nachtarbeit nicht mehr gänzlich verboten

Bisher dürfen werdende und stillende Mütter nicht zwischen 20:00 und 6:00 Uhr beschäftigt werden. Dieser Grundsatz gilt nur noch bedingt weiter. Wenn eine behördliche Genehmigung vorliegt, darf auch zwischen 20:00 Uhr und 22:00 Uhr gearbeitet werden. Eine Genehmigung kann gewährt werden, wenn

  • die Schwangere ausdrücklich einwilligt,
  • eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt,
  • eine unverantwortbare Gefährdung insbesondere durch Alleinarbeit ausgeschlossen ist.

Die behördliche Genehmigung muss der Arbeitgeber vor Umsetzung der Nachtarbeit einholen. Im Antrag sind die oben genannten Punkte nachzuweisen sowie die Dokumentation der Beurteilung der Arbeitsbedingungen beizulegen.

Paradox an dieser Gesetzeskonstruktion ist, dass es zwar einerseits den Genehmigungsvorbehalt der Behörde gibt, andererseits eine Genehmigungsfiktion eingebaut wurde: Lehnt die Behörde den Antrag nicht innerhalb von sechs Wochen ab, gilt er als genehmigt.

Zudem darf der Arbeitgeber die Frau während der Bearbeitungszeit des Antrags beschäftigen – auch in den beantragten Abendstunden –, es sei denn die Aufsichtsbehörde spricht eine vorläufige Untersagung aus.

Literaturempfehlung:

Cover "Das neue Mutterschutzgesetz"Der im Januar 2018 erscheinende Ratgeber Das neue Mutterschutzgesetz erläutert alle Vorschriften des novellierten Mutterschutzgesetzes.

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