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Krisenfest und aussichtsreich – Ein Risikomanagement-System für sozialwirtschaftliche Unternehmen

Veränderungsprozesse stellen sozialwirtschaftliche Unternehmen vor große Herausforderungen im Risikomanagement. Eine Gruppe Studierender des Masterstudiengangs „Gesundheits-, Sozial- und Public Management“ an der Fachhochschule Oberösterreich Campus Linz hat eine Studie zur Krisenfestigkeit oberösterreichischer Sozialunternehmen durchgeführt.

Ausgangslage

Sozialwirtschaftliche Unternehmen in Oberösterreich (OÖ) müssen sowohl den internen als auch externen Veränderungsprozessen standhalten. Bei der Herausforderung, der Mission treu zu bleiben und den öffentlichen Auftrag zu erfüllen, ist es oft schwierig, noch Ressourcen für betriebswirtschaftliche Bereiche wie etwa das Risikomanagement aufzubringen. Eine Gruppe Studierender des Masterstudiengangs „Gesundheits-, Sozial- und Public Management“ (Georg Egger, Gerald Feldhammer, Silke Katzenschläger, David Klingbacher, Andres Pennetzdorfer, Teresa Schreiber, Bernadette Vierlinger, Claudia Zobl) führte im Auftrag des Departments Gesundheits-, Sozial- und Public Management der Fachhochschule Oberösterreich Campus Linz eine Studie zur Krisenfestigkeit oberösterreichischer Sozialunternehmen durch.

Zielsetzung des Forschungsprojekts

Es wurden folgende Ziele für das Forschungsprojekt festgelegt:

  • Identifikation und Analyse der Risiken für sozialwirtschaftliche Unternehmen in Oberösterreich
  • Erstellung einer Risk-Map für die Sozialwirtschaft
  • Expert*inneninterviews und Online-Umfrage unter oö. Sozialunternehmen zu ihren Risiken, Gefahren und Chancen
  • Skizzierung eines Risikomanagement-Systems für sozialwirtschaftliche Unternehmen
  • Entwicklung von Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Chancen und Risiken

Vorgehensweise

Auf Basis der Ergebnisse von acht leitfadengestützten Expert*inneninterviews wurde eine Online-Umfrage für sozialwirtschaftliche Unternehmen erstellt. 700 Organisationen wurden angefragt und zu ihrer Krisenfestigkeit und zum Risikomanagement befragt. Die Rücklaufquote beträgt zwölf Prozent. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden eine Risk-Map sowie ein Risikomanagement-System für sozialwirtschaftliche Unternehmen in Oberösterreich skizziert. Als Analyseinstrumente wurden eine SWOT-, eine PESTEL- und eine spezifische Nutzwertanalyse eingesetzt und darauf aufbauend ein anwendungsorientierter Risikomanagement-Implementierungs-Workshop entwickelt. Darüber hinaus wurden Handlungsempfehlungen inklusive der dafür notwendigen Tools für sozialwirtschaftliche Unternehmen in Oberösterreich zum professionellen Umgang mit Risiken erarbeitet.

Ergebnisse aus der qualitativen und quantitativen Datenerhebung

Die großen Risiken der Sozialwirtschaft drehen sich weitgehend um Personalangelegenheiten (Fachkräfte- und genereller Personalmangel sowie Personalausfälle). Diese Erkenntnis ergab sich bereits aus den Expert*inneninterviews und wurde in der darauffolgenden Online-Umfrage bestätigt. Des Weiteren ist in sozialwirtschaftlichen Unternehmen sehr oft keine eigene Stelle für das Risikomanagement implementiert. Die häufigsten Gründe dafür sind fehlende finanzielle Ressourcen und mangelndes Know-how. Die Hauptverantwortung, Risiken zu erkennen und zu bewältigen, obliegt somit häufig der Managementebene.

Bei der Nutzung von Methoden zur Risikobewertung zeigte sich folgendes Bild (eigene Darstellung):

Abbildung 1: Nutzung von Methoden zur Risikobewertung (eigene Darstellung)

Demnach bedient sich die Mehrheit der befragten Organisationen am häufigsten der Workshop-Methode zur Risikobewertung. Workshops bieten sich für diesen Zweck besonders an, wie die empirischen Ergebnisse zeigen. Am seltensten werden die PESTEL-Analyse und Kreativitätstechniken genutzt.

Die folgende Risk-Map gibt einen Überblick über alle ausgewerteten Risiken nach Schadensausmaß und Eintrittswahrscheinlichkeit der Sozialwirtschaft in OÖ auf Basis der Online-Umfrage.

Abbildung 2: Risk-Map der Sozialwirtschaft OÖ (eigene Darstellung)

Neben den Personalthemen werden auch geänderte politische Rahmenbedingungen sowie eine Pandemie in der Risikoeinstufung als sehr wahrscheinlich bewertet. Aus der Pandemie gingen auch Chancen für Entwicklungen, einschließlich eines gestärkten Bewusstseins für Risikoplanung, hervor. Bereits vor der Pandemie schätzte sich der Großteil der befragten Organisationen krisenfest ein. Rund 30 Prozent gaben an, sehr krisenfest zu sein, und 65 Prozent eher krisenfest. Zum Befragungszeitpunkt, einem Jahr seit Beginn der Pandemie, stieg diese Einschätzung noch etwas nach oben: Nun sagen nämlich 41 Prozent der Organisationen, dass sie sehr krisenfest sind und rund 55 Prozent schätzen sich eher krisenfest ein. Das ist ein Beispiel dafür, dass Risiken auch Chancen mit sich bringen können.

Die Skizze eines Risikomanagement-Systems für die Sozialwirtschaft zeigt sich folgendermaßen:

Abbildung 3: Ein Risikomanagement-System für Unternehmen in der Sozialwirtschaft (eigene Darstellung in Anlehnung an Brühwiler, 2016, S. 189)

Handlungsempfehlungen

Auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen des Projekts wurden abschließend 18 Handlungsempfehlungen für sozialwirtschaftliche Unternehmen in OÖ formuliert. Diese thematisieren relevante Risikobereiche und sollen als Denkanstöße zu deren Bewältigung dienen. Weiter sollen die Handlungsempfehlungen bestmöglich für alle Unternehmen in der oö. Sozialwirtschaft angewendet werden können und sind deshalb auch entsprechend allgemein gehalten. Die folgende Abbildung zeigt einen Überblick über die erarbeiteten Handlungsempfehlungen.

Abbildung 4: Übersicht der Handlungsempfehlungen (eigene Darstellung)

Neben vermeintlich „einfachen” Handlungsempfehlungen wie der Beachtung von Wissensmanagement und dem Einführen einer entsprechenden Risikokultur in der Unternehmung wird der Bogen gespannt zu einem möglichst ressourcenschonenden Risikomanagement durch effiziente Nutzung von vorhandenen Strukturen hin zur Ausarbeitung und Auswertung von entsprechenden Kennzahlen und Indikatoren. Beispielhaft sei hier die Handlungsempfehlung zu einem Personal-Pool angeführt:

Einrichten eines oberösterreichweiten Personal-Pools für die Sozialwirtschaft
BESCHREIBUNG: Aufbau eines oberösterreichweiten Mitarbeiter*innenpools im Sinne von „Verleihen von Mitarbeitern – Nachbarschaftshilfe“ im Sozialbereich
NOTWENDIGKEIT:

In Krisenzeiten oder bei plötzlich auftretenden hohen Personalausfällen könnten sich die sozialwirtschaftlichen Unternehmen gegenseitig mit „Leihpersonal“ unterstützen. Mithilfe eines bereits zuvor aufgebauten Personal-Pools mit Fach- und Hilfskräften aus der Sozialwirtschaft haben Unternehmen die Möglichkeit, nachzusehen, welche Organisationen bereit sind, qualifiziertes Personal zu verleihen und welche Mitarbeiter*innen verfügbar sind.

EINZULEITENDE MASSNAHMEN bzw. CHECK POINTS:

  • Bei „Nachbarschaftshilfe“ keine Gewerbeberechtigung zur Arbeitskräfteüberlassung notwendig
  • Voraussetzungen: max. sechs Monate dauernde Überlassung von Arbeitskräften
  • Unternehmen (Beschäftiger) muss die gleiche Erwerbstätigkeit wie der Überlasser ausüben.
  • Der Aspekt der gleichen Erwerbstätigkeit wird sehr eng ausgelegt.
  • Für die Grenze der sechs Monate (pro Kalenderjahr) werden die Zeiten des Verleihens mehrerer Arbeitnehmer*innen summiert.
  • Die Rahmenbedingungen der Überlassung zwischen den Beteiligten muss in einer vertraglichen Vereinbarung festgehalten werden.
  • Das Verleihen von Arbeitskräften an Dritte wird grundsätzlich als gewerbliche Tätigkeit eingestuft, aufgrund dessen sieht das AÜG (Arbeitskräfteüberlassungsgesetz) auch bei der „Nachbarschaftshilfe“ vor, dass die Überlassung schriftlich an die Gewerbebehörde gemeldet werden muss (vgl. Pürsinger, 2021, o. S.).
  • Errichtung einer Plattform für die Sozialwirtschaft (ähnlich wie die Sozialplattform Oberösterreich), in welcher Unternehmen die zuvor befragten und gewillten Mitarbeiter*innen listen, welche in Krisenzeiten anderen Unternehmen aushelfen könnten
  • Regelmäßige Aktualisierung dieser Plattform bzw. dieses Mitarbeiter*innenpools von den dafür Verantwortlichen
  • Eventuell Umsetzung in einem eigenen Projekt der Sozialabteilung des Landes Oberösterreich

Tabelle 1: Einrichten eines oberösterreichweiten Personalpools (eigene Darstellung)

Um die Handlungsempfehlungen auch dementsprechend umsetzen zu können, wurden darüber hinaus verschiedene Tools entwickelt und zur Verfügung gestellt. Damit soll den sozialwirtschaftlichen Unternehmen in Oberösterreich der Weg zu einem erfolgreichen Risikomanagement erleichtert werden. So wurde ein Leitfaden zur Implementierung eines Risikomanagement-Workshops konzipiert:

Abbildung 5: Risikomanagementimplementierungsworkshop-Leitfaden (eigene Darstellung)

Jedes Risiko birgt auch eine Chance und in diesem Sinne bergen die vorliegenden Ergebnisse und Tools einen hohen Nutzen für die Identifikation und Bewältigung von Risiken in der Sozialwirtschaft.


Literatur (Auszug):

Brauweiler, Hans-Christian (2019): Risikomanagement in Unternehmen. Ein grundlegender Überblick für die Management-Praxis, 2. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.

Brühwiler, Bruno (2016): Risikomanagement als Führungsaufgabe. Umsetzung bei strategischen Entscheidungen und operationellen Prozessen, 4. Aufl., Bern: Haupt Verlag.

Bundesministerium des Innern/Bundesverwaltungsamt (2018): Handbuch für Organisationsuntersuchungen und Personalbedarfsermittlung, Berlin: Bundesministerium des Innern.

Müller, Stefan/Müller, Sarah (2020): Unternehmenscontrolling. Managementunterstützung bei Erfolgs-, Finanz-, Risiko- und Erfolgspotenzialsteuerung, 3. Aufl., Wiesbaden: Springer Gabler.

Stötzer, Sandra/Gitterle, Birgit/Witak, Doris (2018): Risikomanagement in sozialen Nonprofit Organisationen. In: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen, 41. Jg. 1-2/2018, S. 21-40


Prof. Mag. Dr. Thomas Prinz lehrt an der Fachhochschule Linz, Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Controlling und Finanzierung sowie Risikomanagement, Performance Measurement und Social Business Planning. Zudem ist Prof. Prinz wissenschaftlicher Leiter des Masterlehrganges Management Sozialer Innovationen in Wien und Leiter des Zertifikatlehrganges NPO-Controlling in Linz. Als Unternehmensberater begleitet er soziale Organisationen beim Aufbau des Wirkungscontrollings und sozialökonomischen Wirkungsanalysen. Seine Forschungsschwerpunkte bewegen sich in den Bereichen Wirkungsmessung sozialer Dienstleistungen, wirkungsorientierte Prozesskostenrechnung, sozialökonomische Wirkungsevaluation und NPO-Controlling. Prof. Dr. Prinz ist Mitherausgeber der Blauen Reihe „Management Soziales & Gesundheit“.

Bernadette Vierlinger, Jahrgang 1983, hat Sozial- und Verwaltungsmanagement in Linz studiert und absolviert derzeit den Masterstudiengang Public-Management an der Fachhochschule Linz. Sie hat Erfahrung im mittleren Management des öffentlichen sowie privatwirtschaftlichen Sektors. Seit Februar 2020 arbeitet sie in einer Berufsschule als Professorin für betriebswirtschaftliche Gegenstände, Politische Bildung und Sprachen und hat im Herbst 2020 ihr eigenes Unternehmen gegründet. Durch ihre 20-jährige umfangreiche Berufspraxis konnte sie zum vorliegenden Projekt einen wesentlichen Beitrag leisten.

Links der Woche 16/2021

Links der Woche #16/2021

Jede Woche tragen wir an dieser Stelle Beiträge, Studien, Artikel und Interviews zusammen, deren Lektüre wir für lohnenswert erachten und berichten über Nachrichten in sozialen Medien, die wir beachtenswert – oder auch merk(!)würdig – finden.

Was wird aus der Akademisierung der Pflege?

Braucht es in Deutschland Studienangebote für angehende Pflegekräfte? Wie können sich erfahrene Pflegekräfte weiterbilden? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Tilmann Müller-Wolff, Akademieleiter der RKH-Kliniken. In einem Kommentar legt er dar, dass sich Studienangebote vor allem am klinischen Bedarf orientieren sollten. Die Patientenversorgung könne nur dadurch verbessert werden, dass die Absolventen der Pflegestudiengänge auch in der Pflege arbeiten. Daher brauche es Studiengänge mit klinischem Pflegebezug und Krankenhäuser mit Pflegestellen die akademisch geprägt sind. Zum Artikel:  https://www.pflegen-online.de/pflege-akademiker-ans-patientenbett

Was eine Pflegereform den Staat kostet

Die soziale Pflegeversicherung in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Beschäftigte in der Pflege sollen künftig nach Tarif bezahlt werden. Außerdem soll mehr Geld in die stationäre Pflege fließen. Dadurch steigen die Kosten, während auf der anderen Seite die Beitragseinnahmen sinken. Denn in einer alternden Gesellschaft schrumpft auch die Zahl an Erwerbspersonen. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesgesundheitsministerium vor einiger Zeit ein Eckpunktepapier für eine Pflegereform vorgelegt, die nach bisherigem Kenntnisstand etwa 6,3 Milliarden Euro kosten soll. Zum Artikel:  https://www.iwd.de/artikel/wie-viel-laesst-sich-der-staat-die-pflege-kosten-506751/

Spezifische Branchenlösungen in der Pflege

Die digitale Transformation, der demografische Wandel und die zunehmenden Personalengpässe werden die Pflegebranche auch in den nächsten Jahren prägen. Doch zahlreiche Akteure auf dem Altenpflegemarkt geben mit ihren Produkten Antworten auf diese Herausforderungen. Innovative Lösungen ermöglichen den Pflegekräften beispielsweise effizienteres Arbeiten und stellen dabei den Menschen in den Mittelpunkt. In einer achtseitigen Sonderveröffentlichung stellt die aktuelle Ausgabe der CAREkonkret daher starke Partner sowie kreative Konzepte in den Sparten IT und Management, Pflege und Therapie, Verpflegung und Hauswirtschaft sowie Raum und Technik vor. Zum Download:  https://www.altenheim.net/artikel/2021/2021_4/2021_04_20_ck_spezial

Vom Speeddating bis zum Fahrradsattelbezug: Recruiting an den DRK Kliniken Berlin Köpenick

Innovative Ideen wie das Bewerber-Speeddating oder eine Fahrradsattelbezug-Aktion — Pflegedienstleiterin Astrid Weber trägt einen großen Teil zum Recruiting an den DRK Kliniken Berlin bei und hat die Optimierung des Bewerbungsprozesses zur Chefsache gemacht. Zusätzlich zu einem standortübergreifenden Recruiting-Team, das bei der Geschäftsführung angedockt und vor allem für das Heranschaffen von Bewerbungen zuständig ist, beschäftigt sie eine eigene Mitarbeiterin für das Recruiting direkt am Standort. Im Interview erzählt Astrid Weber, wie der Bewerbungsprozess in den DRK Kliniken Berlin Köpenick abläuft und wie es zu den neuesten Erfolgsmeldungen kam. Zum Interview:  https://recruiting2go.de/drk-kliniken-berlin/wir-sind-sehr-mutig-pflegedienstleiterin-astrid-weber-drk-kliniken-berlin-koepenick-ueber-einen-perfekten-bewerbungsprozess/

Von der Organisationsberatung über die Organisationsentwicklung und das Change-Management zum Transformations-Management – eine Zeitreise

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Paul Brandl

Bedingt durch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Veränderungen passen sich auch betrieblichen Organisationen an. In den letzten 50 Jahren hat sich auch die Organisationsberatung zur Organisationsentwicklung (OE), zum Change-Management (CM) und dann zum Transformations-Management (TM) verändert – jeweils mit dem Ziel, den Aufbau und die Abläufe einer Organisation zu verbessern: mehr Effizienz und Effektivität. Obwohl sich die Ansätze im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben, stehen heute alle vier Organisationsmodelle gleichwertig nebeneinander.

1. Organisation, Umwelt und Dienstleistungen verändern sich …

Nach dem zweiten Weltkrieg stand die Produktion im Vordergrund. Die Organisationsberatung als externe Beratungsleistung erlebte hier ihre Blüte mit dem Ziel, Aufbau und Ablauf einer Organisation zu verbessern. Dazu wurden von externen BeraterInnen Informationen eingeholt und anhand eines Organisationsmodells strukturiert. Die Priorisierung der Vorschläge und deren Umsetzung lag anschließend bei den Auftraggebern.

Mit der Zeit erkannte man die Grenzen dieser Beratungsform: aus der Außensicht analysiert, ohne Entwicklung von Dienstleistungen, ohne konsequente Ausrichtung auf den Kunden – siehe etwa das statische Modell von McKinsey mit den 7S Kernvariablen: Strategie als Wettbewerbsvorteil, Struktur als hierarchisches Gerüst, Systeme bilden den Rahmen, Skills meint charakteristische Fähigkeiten, Staff als Mitglieder der Organisation, Stil im Sinne von Unternehmenskultur, Selbstverständnis als Unternehmensleitbild.

Das 7S-Modell von McKinsey | Hans-Jürgen Geiß

2. Organisationsentwicklung mit den MitarbeiterInnen

Der Ursprung des Veränderungsmanagements geht auf Forschungen und Entwicklungen in den USA der 1930er Jahre zurück. Roethlisberger/Mayo entdeckten, dass die Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen stärker von der Aufmerksamkeit für die MitarbeiterInnen beeinflusst wurde als durch Änderungen der Arbeitsbedingungen. Handlungsleitend waren die Erkenntnisse der Human Relations Bewegung und auch der Gruppendynamik. So entstand das Konzept der Organisationsentwicklung (OE) mit den Zielen der Verbesserung der Leistungsfähigkeit zur Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens und der Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens für die MitarbeiterInnen. Die Veränderungen werden zusammen mit den MitarbeiterInnen entwickelt. OE-Prozesse sind geprägt durch Hilfe zur Selbsthilfe. Das dynamische Organisationsmodell ist an den menschlichen Lebenslauf angelehnt und hat vier Phasen:

  • Pionierphase als Familienorganisation
  • Differenzierungsphase als organisatorischer Apparat
  • Integrationsphase als Organismus
  • Assoziationsphase als Biotop

Diese Phasen werden von Glasl/Lievegoed anhand des Wandels von 7 Wesenselementen charakterisiert, die eine Diagnose der Subsysteme innerhalb einer Organisation ermöglichen:

  1. Kulturelles Subsystem: Identität, Policy, Leitsätze, Programme
  2. Soziales Subsystem: Struktur, Menschen, Einzelfunktionen
  3. Technisches Subsystem: Prozesse, physische Mittel

Im Laufe der Jahre wurde für die Unternehmen der Veränderungsdruck immer größer – eine Schärfung der Ziele in der OE war die Folge.

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3. Change-Management – gezielt mit den MitarbeiterInnen

Die längerfristig angelegten Entwicklungsprozesse der OE werden in gezielte, strukturierte und überschaubare Veränderungsprozesse umgewandelt. Als Change Management (CM) lassen sich alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung zur Umsetzung neuer Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen in einer Organisation bewirken sollen. CM bezeichnet das planvolle Management von Veränderungsprozessen von einem Ausgangszustand hin zu einem Zielzustand. Es werden die Einzelschritte strategisch sinnvoll geplant, gesteuert, kontrolliert und stabilisiert. Mitverantwortlich dafür sind die nachfolgenden Bedingungen:

  • Innovationssprünge in der Informatik, Telekommunikation und Logistik
  • Verknappung der Ressource Zeit
  • Verknappung der Ressource Geld
  • Steigerung der Komplexität
  • Interkulturelle Zusammenarbeit in einer globalen Ökonomie

Die Herausforderung ist eine effizientere Bewältigung von Aufgaben mit höherer Geschwindigkeit. Dies zeigt sich in Fusionen, Pleiten, Neugründungen, Entlassungen, etc. Bewährte Instrumente des CM werden zielorientiert auf Diagnosen, Problemanalysen, Zielfindungen, Projektmanagement, Moderation und Mitarbeiterbefragungen ausgerichtet.

Zunehmend werden Umweltbedingungen wie Markt, Politik und Gesellschaft berücksichtigt. Betroffene werden von Anfang an darauf vorbereitet, dass Veränderungen mit negativen Konsequenzen wie Unsicherheit und Ängsten verbunden sein können. Das schon in der OE angewandte Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ wird ergänzt durch das „Prinzip der Selbstverantwortung“. CM ist also zeitlich beschränkt, gilt einem zu definierenden Ziel, der Prozess ist „von oben“ gesteuert und häufig mit externen BeraterInnen.

Als Beispiel ist hier das St. Gallener Management-Modell angeführt, das die Prozesse eines Unternehmens als ein System von Prozessen begreift. In einer kurzen Prozesszeit liegt eine wichtige Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. Es wird unterschieden zwischen Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozessen. Diese unterliegen den Entwicklungsmodi: einer kontinuierlichen Verbesserung im Sinne von Optimierung und dem Schaffen von völlig Neuem durch Erneuerung. Dazu kommen die Ordnungsmomente: Strategie (Was), Struktur (Arbeitsteilung) und Kultur (Normen, Werte, Einstellungen, etc.).

Das St. Galler Management-Modell | Johannes Rüegg-Stürm

Die Unternehmen sind eingebettet in die Umweltsphären (Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie). Die Anspruchsgruppen sind in irgendeiner Form von der Wertschöpfung der Unternehmen betroffen – notwendigerweise konfliktbeladen. Dazu kommen die Interaktionsthemen (Normen, Werte, Interessen, Ressourcen, etc.).

4. Transformations-Management als nächster Schritt

Der Veränderungsdruck in den Unternehmen steigt mit neuen Anforderungen (Demografie, Digitalisierung, Corona). Das Transformations-Management (TM) beschäftigt sich nun mit der Frage, was man tun muss, um MitarbeiterInnen für die Veränderung zu motivieren. Im Unterschied zu CM liegt der Fokus auf einem Portfolio von sich gegenseitig beeinflussenden Initiativen.

Das übergeordnete Ziel einer Transformation ist nicht nur die Umsetzung von fertigen Organisationskonzepten, es geht um das Neuerfinden eines Geschäftsmodells basierend auf einer Vision für die Zukunft, etwa die digitale Transformation.

Weil bei Transformationsvorhaben praktisch alle Bereiche eines Unternehmens betroffen sind, sind diese mit höheren Risiken weniger berechenbar. Führungskräfte müssen dafür neben CM-Kenntnissen ihre Führungsfähigkeiten in den Bereichen Unternehmenskultur, Flexibilität, Agilität, dynamische Koordination von Ressourcen, stärkere Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg und Kommunikation bei Unsicherheiten verstärken. Zudem werden eine hohe Selbstsicherheit und Krisentauglichkeit der MitarbeiterInnen gefordert.

Transformation ist gleichermaßen ein Prozess der Ermittlung und des Experimentierens wie auch der Umsetzung. Der mögliche Erfolg: eine agilere, für die Zukunft umfassend ausgerichtete Unternehmung, welche sich im Markt nachhaltig behaupten kann. Die Organisation wird als Kreis mit drei Schichten dargestellt: Führung – Support – Operative Einheit tunlichst mit einer agilen IT als Rückgrat.

5. Organisationsmodelle zur Orientierung …

In der Praxis finden wir viele Modelle bei Veränderungsprojekten. Für Führungskräfte, VeränderungsmanagerInnen und BeraterInnen macht es Sinn mehrere Organisationsmodelle zu kennen: Im Vorfeld eines Veränderungsprojektes können sich VeränderungsmanagerInnen und BeraterInnen auf Basis dieser Modelle verständigen und so die Kommunikation und Transparenz der Entscheidungen auch für die betroffenen ArbeitnehmerInnen nachvollziehbarer machen.

Porträt Brandl Paul

FH-Prof. Dr. Paul Brandl lehrte an der Fachhochschule Oberösterreich Campus Linz, Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management in den Bereichen Organisation und Qualitätsmanagement. An diversen Hochschulen nimmt er Lehraufträge wahr und berät im Bereich der Sozialwirtschaft.

Seine Forschungsinteressen gelten dem Prozessmanagement, dem Qualitätsmanagement sowie moderner Dienstleistungsentwicklung.


Quellen:

Vier Tipps: So kann Integration ausländischer Pflegekräfte gelingen

Seit Jahren kämpft die Pflege mit akutem Personalmangel. Immer mehr Einrichtungen reagieren auf den Notstand mit der Anwerbung von ausländischen Fachkräften – mit Erfolg. Inzwischen hat sich daraus ein professionelles Geschäftsmodell entwickelt, in jedem größeren Sozial- und Gesundheitsunternehmen sind internationale Mitarbeitende tätig.

Doch viele Unternehmen tun sich schwer damit, ihre ausländischen Fachkräfte längerfristig zu halten. Jeder Vierte möchte Deutschland nach einigen Jahren wieder verlassen. Weitere 24 Prozent möchten zwar in Deutschland bleiben, aber ihren Arbeitgeber wechseln. Das ergab eine Umfrage, die Maja Roedenbeck Schäfer und Olivia Prauss für ihren Fachratgeber „Betriebliche, soziale und kulturelle Integration ausländischer Fachkräfte“ durchgeführt haben.

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In einem weiterführenden Artikel gibt Maja Roedenbeck Schäfer nun Tipps, die zu einer gelungenen Integration von internationalen Mitarbeitenden beitragen können:

  1. Personalverantwortliche sollten sich bewusst machen, dass Integration über den Betrieb hinausgeht und das gesamte Umfeld des Mitarbeitenden betrifft – von der Wohnsituation über Sprachkenntnisse bis zu Hobbies und Freizeitaktivitäten.
  2. Führungskräfte sollten sich mehr in den Integrationsprozess einbringen. Häufig werden Teams dabei allein gelassen. Das Management soll entsprechende Integrationsmaßnahmen planen und deren Umsetzung überwachend begleiten.
  3. Zur Integration gehört ein schriftliches Integrationskonzept, in dem neben Onboarding-, Mitarbeiterbindungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen alle weiteren Maßnahmen festgehalten werden, die zur Integration der ausländischen Fachkräfte beitragen sollen. Das Konzept soll regelmäßig evaluiert und weiterentwickelt werden.
  4. In Integrationsworkshops können sich einheimische und ausländische Fachkräfte über ihre Kulturen austauschen und sich ausführlich mit dem Thema beschäftigen. Auch der Austausch mit anderen Unternehmen kann dabei hilfreich sein.

Bei allen Maßnahmen sollte beachtet werden, dass Menschen unterschiedlich lange brauchen, um sich in einem neuen Land einzuleben. 30 Prozent der von Maja Roedenbeck Schäfer und Olivia Prauss befragten ausländischen Fachkräften brauchten mehr als ein Jahr, um sich in Deutschland angekommen zu fühlen. Geduld ist demnach ein wichtiger Aspekt im Integrationsprozess.

Links der Woche 14/2021

Links der Woche #14/2021

Jede Woche tragen wir an dieser Stelle Beiträge, Studien, Artikel und Interviews zusammen, deren Lektüre wir für lohnenswert erachten und berichten über Nachrichten in sozialen Medien, die wir beachtenswert – oder auch merk(!)würdig – finden.

Was bewirken faire Löhne in der Pflege?

Sorgen bessere Löhne für Pflegeberufe zu mehr Bewerbungen? Wären Pflegeplätze dann überhaupt noch bezahlbar? Und woher könnte das Geld kommen? Vor einem Jahr haben viele Menschen in ganz Deutschland von ihren Balkonen aus für die Pflegekräfte geklatscht. Doch langfristige Veränderungen gab es bis heute nicht. All diesen Fragen und den Auswirkungen einer fairen Bezahlung in der Pflege gehen die beiden Redakteure Vera Wolfskämpf und Marcel Heberlein daher in einem Audio-Podcast nach. Zum Artikel:  https://www.tagesschau.de/multimedia/podcasts/malangenommen-pflege-101.html

Corona erschwert Anwerbung ausländischer Pflegekräfte

In den vergangenen Jahren stieg der Anteil ausländischer Pflegekräfte um mehr als 70 Prozent. Doch die Corona-Pandemie bremste den Zuwachs zuletzt aus. Lockdowns und lange Wartezeiten bei den Botschaften erschweren die Anwerbung von Pflegekräften außerhalb der EU. Für den Präsidenten der Vereinigung der Pflegenden in Bayern (VdPB), Georg Sigl-Lehner, bestätigt sich dadurch eine Enschätzung, die er schon länger hat: „Ich glaube nicht, dass wir unser Pflegepersonal-Problem in Deutschland über ausländische Kolleginnen und Kollegen lösen können.“ Stattdessen müssten Pflegeberufe auch im Inland mehr Wertigkeit erfahren. Zum Artikel:  https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/corona-bremst-pflege-anwerbung-im-ausland,STQ2LI1

Wohlfahrtsverbände kritisieren neuen Freiwilligendienst der Bundeswehr

Ab sofort treten die ersten Rekrutinnen und Rekruten den neuen „Freiwilligendienst im Heimatschutz“ bei der Bundeswehr an. Auf Kritik stößt diese Initiative aber vor allem bei den Wohlfahrtsverbänden: „Die Bundeswehr sollte es als das bezeichnen, was es ist: Es ist eine Art Schnupperkurs für die Bundeswehr. Freiwilligendienste sind das Vorrecht der Zivilgesellschaft, nicht des Staates“, sagt Peter Neher, Präsident der Caritas. Er plädiert stattdessen dafür, die bereits bestehenden Freiwilligendienste wie das Soziale Jahr, das Ökologische Jahr und den Bundesfreiwilligendienst zu stärken. Zum Artikel:  https://www.tagesschau.de/inland/verteidigung-freiwilligendienst-101.html

Kommunikation sozialer Themen in Unternehmen wächst

Ob Klimaschutz, Menschenrechte oder Nachhaltigkeit – Corporate Social Responsibility erlebte in den vergangenen Jahren einen Aufschwung. Net Federation analysiert seit einigen Jahren die digitale CSR-Kommunikation der 50 führenden Unternehmen, darunter die Dax-Konzerne, aber auch nicht an der Börse notierte Unternehmen. Das Ergebnis der Analyse 2020: Die Unternehmen haben vor allem inhaltlich an ihrer Kommunikation gearbeitet und die Themen ausgebaut. Häufig fehle es jedoch an Tiefe und Ganzheitlichkeit. Den größten Schub hat laut der Studie das Thema Geschlechteridentität und Sexualität (LGBTQ+) erfahren – mit einem Plus beim Umfang von 48 Prozent.  Zum Artikel:https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/soziale-verantwortung-klimaschutz-menschenrechte-digitalisierung-wie-unternehmen-ihre-kommunikation-veraendern/27071816.html

„Community Nurse“ soll mobile (Alten-)Betreuung für Menschen mit Selbstversorgungsdefiziten weiterentwickeln

Personalmangel, immer mehr Menschen mit Selbstversorgungsdefiziten und begrenzte Budgets stellen die mobile und stationäre (Alten-)Betreuung vor immer größere Herausforderungen. Ein dreiköpfiges Team hat nun ein Konzept entwickelt, das KlientInnenen mit Selbstversorgungsdefiziten unabhängig vom Alter ein möglichst selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen kann.

Mittelpunkt des Konzepts, das Gesundheitsexpertin Gabriela Hösl MSc, IT-Manager Ing. Jürgen Schnabler und Organisationsentwickler Prof. Dr. Paul Brandl entwickelten, ist die sogenannte „Community Nurse“. Dabei handelt es sich um eine Gemeindeschwester, die die Betreuung im regionalen Kontext organisiert und koordiniert, dabei wurde ganz besonders die österreichische Gesetzeslage berücksichtigt.

Die Community Nurse ist gemeinsam mit den KlientInnen und anderen „Playern“ in einem digitalen, regionalen Netzwerk verbunden. Andere Player können beispielsweise Hausärzte, Apotheken oder Friseure sein, aber auch Angehörige und Nachbarn gehören zum Sozialraum der KlientInnen.

Dieses analoge Netzwerk ermöglicht mithilfe der digitalen Plattform LISSI sowie der LISSI care APP, auf die alle Beteiligten in Echtzeit unternehmensübergreifend Zugriff haben, ein gemeinsames Planen, Dokumentieren und Abrechnen der Dienstleistungen.

Ein paar praktische Beispiele:

Eine Person mit Selbstversorgungsdefiziten bekommt regelmäßig Besuch von einem Nachbar. Dieser bemerkt während einer seiner Besuche Hautveränderungen bei der Person. Er fotografiert mit Erlaubnis die betroffene Hautstelle und lädt sie auf seiner LISSI-App hoch. Die Community Nurse erhält das Fotos mit derselben App und stellt fest, dass es sich um Bettwanzen handeln könnte. Dieser Verdacht erhärtet sich bei der zeitnahe geplanten und durchgeführten Pflegevisite.

Die Community Nurse verständigt den Arzt, welcher nach einem Hausbesuch oder auch bei einer digitalen Visite via LISSI-App ein Rezept zur Hautpflege ausstellt. Mithilfe des digitalen Netzwerks organisiert die Community Nurse alle weiteren Schritte: Raumaufbereitung, Wäscheaufbereitung und Ungezieferbekämpfung.

Das Konzept eröffnet die Möglichkeit, die digitale Plattform auch als Alarmsystem zu nutzen. Die Vitaldaten (Blutzucker, Blutdruck, …) des Klienten/der Klientin können via App erfasst werden. Wird der Grenzwert überschritten, kann der Klient/die Klientin mit einem Anruf darauf hingewiesen werden bzw. kann erfragt werden, ob Hilfe benötigt wird.

Ebenso kann in Zukunft über die LISSI-App die Medikamentenversorgung auch mittels Neuverblisterung der Medikamente organisiert werden. Geht das benötigte Medikament zur Neige, stellt die Blistersoftware den Bedarf fest. Dieser wird an die Community Nurse gemeldet und/oder der Arzt verschreibt in der Folge das Medikament, sodass die Lieferkette zum/r Klienten/in aufrecht bleibt. Eine analoge Bestellung wie bisher ist natürlich möglich. Die Abrechnung der Apotheke erfolgt über die App.

Leistungen jeder Art können erfasst werden, so auch der Taxitransport zum Friseur: Der Fahrer liest sich mit QR Code ein, bringt die Person zum Ziel und holt sie zum ausgemachten Zeitpunkt wieder ab. Die Endbestätigung mit QR Code dokumentiert und löst auch den Zahlungsvorgang aus.


Gesundheitsexpertin Gabriela Hösl MSc, IT-Manager Ing. Jürgen Schnabler und Organisationsentwickler Prof. Dr. Paul Brandl haben das Konzept der „Community Nurse“ entwickelt. Im Interview erzählen sie, was der Anstoß für die Weiterentwicklung der mobilen (Alten-)Betreuung war, welche Anforderungen an Community Nurses gestellt werden und was die nächsten Schritte sind.

Welche Idee steckt hinter dem Konzept? Was war der Anstoß dafür, das Konzept der „Community Nurse“ zu entwickeln?

Paul Brandl: Zunächst eine Beobachtung: Nach Entlassung aus Kliniken, wenn Menschen DAHEIM bleiben wollen, dann gab es Herausforderungen, die von einem vorhandenen extramuralen Dienst nicht ausreichend gewährleistet werden können – nicht nur bei älteren Personen, Angehörige, Nachbarn und Freiwillige stehen auch nicht mehr ausreichend zur Verfügung.

Gabriela Hösl: Aus dem Wundmanagement heraus entwickelte sich ein Geschäftsmodell, das ich in der Folge zum HÖSL-Konzept „Heimbetreuung ökonomisch sicher leben“ weiterentwickelte. Daraus habe ich meine ganz besondere Unique Selling Proposition entwickelt – also Leistungen, die die Menschen für einen sicheren Verbleib DAHEIM trotz Selbstversorgungsdefizit benötigen. Mein Fokus liegt nicht auf Körperpflege, sondern auf Education für Betroffene und deren Angehörigen – so konnte ich für die KlientInnen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die Zufriedenheit war sehr hoch.

Jürgen Schnabler: Die LISSI als App und mittlerweile Plattform entstand aus der Beobachtung, dass verschiedene Personen auf dieselben Daten zugreifen könnten, um sich ihre Arbeit zu erleichtern.

Paul Brandl: Es geht um eine professionelle Zusammenarbeit von Personen, die zusammenarbeiten (müssen), ohne sich immer wieder zu sehen oder kontaktieren und deren Zeitressourcen knapp bemessen sind.

Was war und ist Ihre Rolle als Organisationsentwickler bei der Entwicklung des Konzepts?

Paul Brandl: Es gilt Auftraggeber zu finden, die entweder eine „Community Nurse“ als freie UnternehmerIn beauftragen oder ein Pflegedienst entwickelt sich zur „Community Nurse“ weiter. Es braucht auch Führungskräfte und Mitarbeiter, die ein regionales (Pflege-)Netzwerk aufbauen wollen. Diesen Personenkreis gilt es zu begleiten und zu befähigen. Am Anfang steht zunächst ein Pilotprojekt, das die Rahmenbedingungen und Prozesse bis hin zu den Kosten und deren Verrechnung klärt, um dann in den Echtbetrieb zu starten.

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Gabriela Hösl: Ich habe eine Pflegepraxis selbständig geführt. Ein Teil der Arbeit ist es auch, zu sehen, ob alle involvierten Leistungserbringer ihre vorab geplanten bzw. vereinbarten Leistungen erfüllt haben. Ziel ist es etwa, zu sehen, ob die 24-Stundenpersonenbetreuung mit ihren Herausforderungen sicher zurechtkommt. Dazu gehört im Pflegeprozess als zentrales Element ein „Pflege-Assessement“.

Jürgen Schnabler: Dazu musste eine niederschwellige IT-Dokumentation im Sinne eines Plattformmodells erstellt werden. Darauf können die beteiligten Personen entsprechend einem Berechtigungssystem zugreifen, ihre Leistungen möglichst einfach dokumentieren und auch verrechnen – mittlerweile ist LISSI auch viersprachig, damit auch Personenbetreuer besser damit zurechtkommen.

Die Idee Ihres Konzepts erfordert von der Community Nurse sowohl hohe fachliche als auch digitale Kompetenzen. Welche Anforderungen werden an eine Community Nurse gestellt?

Gabriela Hösl:  Dieses Anforderungsprofil kann auch von mehreren Personen abgedeckt werden. Jedenfalls braucht es Personen, die ein regionales Netzwerk entsprechend dem Bedarf für Personen mit vorübergehenden oder dauernden Selbstversorgungsdefiziten aufbauen wollen. Sie schließt die Lücke zwischen Akuteinrichtungen und der mobilen Krankenpflege und -betreuung und muss daher Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger (DGKP) sein:

  • Ausbildung als DGKP
  • Mindestens 3 Jahre Berufserfahrung

Hilfreich und empfehlenswert wäre:

  • Wundmanagementausbildung mit zweijähriger Berufserfahrung
  • Kooperation mit regionalem/Konzession für Medizinproduktehandel
  • Advanced Nursing Practice oder höheres Pflegemanagement (BSc)
  • Grundlagen des Rechnungswesens
  • Rechtskenntnisse in GuKG, ÄrzteG, MABAG, ÖNORM CEN-TE 16118
  • Grundlagen zur agilen Organisation/gewaltfreie Kommunikation

Aufgaben als Selbständige/r oder im Angestelltenverhältnis einer/s Gemeinde/Verbandes:

  • Aufbau eines regionalen Netzwerks (Ärzte, Wirtschaft, Freiwillige, KlientInnen)
  • Durchführung und Administration der pflegerischen Tätigkeiten
  • Abdeckung der Gesundheitsleistungen im häuslichen Bereich, insbesondere Anleitung von KlientInnen, Angehörigen und Freiwilligen
  • Organisation diverser Dienstleistungen wie Transport, Einkauf, Friseur, …

Welchen praktischen Nutzen erhoffen Sie sich für die KlientInnen bei der Umsetzung Ihres Konzepts?

Gabriela Hösl: Ein längerer Verbleib von mobil eingeschränkten Personen im häuslichen Umfeld durch regelmäßige bedarfsgerechte Pflegevisiten, frühzeitiges Erkennen von Verschlechterung der Allgemeinsituation und rechtzeitiges Eingreifen durch professionelles Handeln, sodass auch bei herabgesetzter Handlungsfähigkeit Sicherheit gegeben wird. Je nach Setting muss ggf. ein Pflegedienst involviert werden, eine 24-Stundenpersonenbetreuung organisiert oder auch eine Übersiedelung in eine Langzeitpflegeeinrichtung organisiert werden – immer dem Setting inkl. dem sozialen Umfeld entsprechend.

Wie geht es nun weiter? Was sind die nächsten Schritte?

Gabriela Hösl: Es werden entweder Einzelpersonen, die sich selbständig machen, gesucht oder sehr sinnvoll erscheint mir, diese Leistungsform über eine schon bestehende extramurale Organisation anzubieten.

„Human Service Week 2021“: Experten und Studierende sozialer Berufe tauschen sich aus

Die Evangelische Hochschule Nürnberg veranstaltet vom 29. bis 31. März 2021 die internationale „Human Service Week“.

Dabei tauschen sich Experten und Studierende aus aller Welt zur Situation und Zukunft der sozialen Berufe aus. Die diesjährige „Human Service Week“ steht unter dem Motto der Corona-Pandemie. Das vergangene Jahr hat gezeigt, wie wichtig soziale Berufe für das Wohlbefinden der Gesellschaft sind. Die Krise hat aber auch sichtbar gemacht, in welchem Spannungsfeld die Branche steht. Zwischen Markt und Mission – wo positioniert sich die Sozialbranche? Wovon lässt sie sich lenken?

Mit diesen Fragen setzen sich die Teilnehmer auseinander. Die Online-Vorträge werden von Experten aus verschiedenen Ländern wie den USA, Russland oder Spanien gehalten.

Vielfältige Themen bei der „Human Service Week 2021“

Der erste Tag, Montag, 29. März, konzentriert sich auf die Sozialbranche. Beispielsweise referiert Prof. Dr. Klaus Schellberg von der Evangelischen Hochschule Nürnberg über den Einfluss der sozialen Dienste auf das Wohlbefinden der Gesellschaft.

Am zweiten Tag, Dienstag, 30. März, beschäftigen sich die Teilnehmer mit unserer Gesellschaft. Unter anderem halten Prof. Dr. Maria Mendel, Dr. Marcin Boryczko, Dr. Agnieszka Wołodźko, Weronika Pieniaszek, Dr. Małgorzata Niemkiewicz und Barbara Mejsner von der Universytet Gdanski in Polen einen Vortrag über die Entwicklung inklusiver Gesellschaften.

Am letzten Tag, Mittwoch, 31. März, lernen die Teilnehmer in einer Podiumsdiskussion, was Führungskräfte in sozialen Berufen zwischen Wandel und Bürokratie beachten müssen. Außerdem berichten Prof. Dr. Jurema Tomelin und Prof. Dr. Victor Aguiar von der Univille University in Brasilien und Prof. Dr. Uwe Kaspers von der Evangelischen Hochschule Nürnberg, welche Lehren man aus der Corona-Pandemie für das Führen sozialer Organisationen ziehen kann.

Die Teilnahme an der „Human Service Week“ ist kostenlos

Angemeldet haben sich bislang Studierende aus Deutschland, Indien, Polen, Südafrika, Brasilien und Spanien. Die Teilnahme ist kostenlos. Studierende, die an allen drei Tagen teilnehmen, erhalten eine Teilnahmebescheinigung.

Anmelden können Sie sich über folgenden Moodle-Kurs: https://moodle.evhn.de/course/view.php?id=3983 Das Passwort lautet: N2021

Weitere Infos und das vollständige Programm finden Sie unter: www.human-service-week.org

Studie: Agile Organisationen kommen besser durch die Coronakrise

Agile Organisationen zeichnen sich dadurch aus, dass sie schnell und flexibel auf Veränderungen in ihrem Umfeld reagieren können. Sie sind es gewohnt, im Alltag mit Unsicherheiten konfrontiert zu sein.

In diesen Tagen, in denen die Coronakrise viele Unternehmen vor besondere Herausforderungen stellt, kommen Organisationen, die Agilität bereits sehr stark in ihren Unternehmensalltag integriert haben, diese Erfahrungen zugute. Sie können auf die Krise besser reagieren als Organisationen, die agile Arbeitsformen erst einführen.

Acht von zehn Unternehmen sehen in Krisenzeiten Vorteile bei Agilität

Zu diesem Ergebnis erlangte die Studie „Agile Pulse 2020“, die die Management- und Technologieberatung BearingPoint im November 2020 veröffentlichte. Darin wurden mehr als 370 Teilnehmer zur agilen Ausrichtung Ihres Unternehmens befragt. Auch gesetzliche und private Krankenkassen waren Teil der Untersuchung.

Der Studie zufolge betrachten acht von zehn Unternehmen agile Organisationen als robuster in Krisenzeiten. 71 Prozent der Befragten gaben an, agile Organisationen im Vorteil zu sehen, weil Mitarbeitende selbstorganisiertes Arbeiten gewohnt sind und daher auch remote effizient sein können.

Vor allem kleinere Organisationen setzen auf agile Arbeitsweisen

Julia von Spreckelsen, Partner, Head of Agile Advisory bei BearingPoint Deutschland, sagt dazu: „Die Pandemie stellt auch alle Organisationen vor große Herausforderungen. Doch gerade die, die bereits über agile Organisationsformen sowie agile Mindsets verfügen, kommen besser durch die Krise. Unsere Umfrage zeigt, dass diese Organisationen flexibler auf die rasanten Veränderungen reagieren können und somit robuster sind. Nicht nur in Krisenzeiten, sondern zu jeder Zeit.“

Die Studie zeigt auch, dass immer mehr Organisationen Agilität nutzen – vor allem kleinere Organisationen mit weniger als 500 Mitarbeitern. Mehr als zwei Drittel aller befragten Unternehmen führten in den vergangenen drei Jahren agile Arbeitsformen ein. Ein Fünftel setzt sogar bereits seit vier bis sechs Jahren auf Agilität.

Im Gesundheits- und Sozialbereich ist Agilität noch nicht so weit verbreitet wie in anderen Bereichen der Wirtschaft. Prof. Dr. Paul Brandl gibt in seinem neuen Buch Organisationsentwicklung, Transformations- und Change-Management u. a. einen Ausblick auf den Wandel klassischer Organisationen zur Agilität. Demnach starteten viele Unternehmen agile Veränderungsprozesse in ihren IT-Bereichen. Nach einiger Zeit stelle sich die Frage, ob Agilität nur auf Projekt- oder Produktentwicklungsebene verstanden werden soll oder doch für weitere Bereiche einer Organisation.

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Vor allem die Erhöhung der Flexibilität führt zu Einführung von agilen Methoden

Im Schnitt organisieren Unternehmen 17 Prozent ihrer Projekte agil. 14 Prozent sind klassisch organisiert, 69 Prozent verfolgen sowohl agile als auch klassische Ansätze. Am häufigsten bedienen sich Organisationen bei agilen Arbeitsweisen der Studie zufolge folgender Praktiken: Scrum (76 Prozent), Kanban (66 Prozent) und Design Thinking (51 Prozent).

Quelle: BearingPoint

Führen in Zeiten von Corona

Ein Interview mit Prof. Dr. Armin Schneider

Herr Schneider, wie können Führungskräfte am besten mit den Unsicherheiten und Ängsten ihrer Mitarbeiter umgehen? Und wie mit den eigenen Sorgen?

Armin Schneider: Eines ist ganz wichtig: Kommunikation, Kommunikation, Kommunikation. Dabei darf man auch als Führungskraft seine eigenen Ängste zeigen und benennen. Man kann nicht einerseits Stärke demonstrieren, wenn einem andererseits die Anspannung angesehen wird. Für Führungskräfte gilt aber: Sie müssen ins Handeln kommen. Die Krise auszusitzen und abzuwarten ist zu wenig. Man muss Präsenz zeigen. Dazu gehört, die Ängste und Sorgen der Mitarbeiter ernst zu nehmen und sie zu fragen, was man ändern kann, damit sie zum Beispiel keine Angst vor einer Ansteckung am Arbeitsplatz haben müssen.

Wie transparent sollten Führungskräfte gegenüber ihren Mitarbeitern auch Sorgen kommunizieren, die die Zukunft des Unternehmens betreffen?

Schneider: Es würde noch mehr Unsicherheit bedeuten, gar nichts zu sagen und von jetzt auf gleich eine Entscheidung zu fällen. Ich würde zumindest Unwägbarkeiten benennen und meinen Mitarbeitern sagen: „Wir versuchen alles möglich zu machen, ich kann aber nicht ausschließen, dass es zu Kurzarbeit kommt.“ Aber es ist ja nicht so, dass wir zurzeit gar nichts tun können. Die Frage ist: Wie können wir anstelle von Präsenzterminen mit Telefonaten, Videokonferenzen usw. arbeiten? Für alle sozialen Einrichtungen, für Kirchen und Gesundheitsdienste ist es wichtig, zu überlegen, wie man den Dienst am Menschen trotz aller Einschränkungen weiter gewährleisten kann.

Welche Leistungen können und dürfen Führungskräfte in diesen unsicheren Zeiten von ihren Mitarbeitern erwarten?

Schneider: Das hängt auch von der häuslichen Situation des Mitarbeiters ab. Wenn ein Mitarbeiter zu Hause Angehörige pflegt oder Kinder im Homeschooling betreut, müssen Arbeitgeber Rücksicht darauf nehmen. Vielleicht kann man auch etwas an den Arbeitszeiten verändern und durch eine flexiblere Gestaltung der Arbeitsabläufe einiges entzerren. Generell habe ich den Eindruck, dass die Tendenz eher dazu geht, dass Mitarbeiter im Homeoffice noch mehr arbeiten als sonst. Ich halte auch Videokonferenzen für wesentlich anstrengender als Präsenzkonferenzen. Gerade bei Videokonferenzen müssen Führungskräfte für feste Pausen sorgen. Als Vorgesetzter sollte man Mitarbeiter auch dazu anleiten, für sich selbst zu sorgen. Einfach mal rauszugehen, einen Spaziergang zu machen, damit der Kopf frei wird. Wenn man die ganze Zeit angespannt vor dem Computer sitzt, ist das der Gesundheit nicht förderlich. Wichtig ist auch die Sorge für sich selbst. Corona betrifft ja nicht nur die Mitarbeiter, sondern die Führungskräfte genauso.

Was können Arbeitnehmer von ihrer Führungskraft erwarten? Was wird erwartet?

Schneider: In meinem Buch Die ersten 100 Tage und danach… Handbuch für neue Führungskräfte zitiere ich Jeneweins drei wichtige Elemente, die durch mediale Distanz wichtig für Führungskräfte sind: Power, Präsenz und Wärme. Führungskräfte müssen präsent sein und die Power ihres Handelns zeigen. Nicht nach dem Motto „ich bin der Allmächtige“, sondern „was können wir in dieser Situation tun?“. Eine Führungskraft muss eine Orientierung bieten können, aber seine Mitarbeiter auch einbeziehen in die Frage, was man machen kann und wo es Ideen gibt, die man verwirklichen kann. Das gilt auch für Informelles. Es ist wichtig, sich für seine Mitarbeiter zu interessieren und ernsthaft nachzufragen, wie es ihnen geht. Dafür muss man Formen finden, zum Beispiel, indem man den Mitarbeiter anruft. Oder dass man im Videochat die Möglichkeit eröffnet, eine virtuelle Kaffeepause zu machen. In der aktuellen Situation ist Wärme und Mitgefühl noch einmal wesentlich wichtiger als es sonst ist.

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Welche analogen Formen lassen sich ins Homeoffice übertragen?

Schneider: Man muss sich dessen bewusst sein, dass man analoge Formen nicht eins zu eins ins Virtuelle übertragen kann. Es ist aber einiges möglich. Ein Personalgespräch kann ich zum Beispiel über eine Videoplattform führen. Ich kann aber auch – vorausgesetzt, beide sind damit einverstanden – einen Spaziergang mit Maske machen. Man sollte sich immer der Vorläufigkeit der Formen bewusst sein und mit den Mitarbeitern gemeinsam überlegen: Was kann man noch tun? Was haben wir bis jetzt eingeübt und wo können wir Möglichkeiten schaffen, um eine größere Zufriedenheit bei der Zusammenarbeit zu haben? Wo kann man nachjustieren?

Was ist zu beachten, wenn neue Mitarbeiter während der Coronakrise im Unternehmen starten?

Schneider: Führungskräfte sollten Nähe möglich machen, soweit das auf Distanz geht. Neue Mitarbeiter sollten die Möglichkeit bekommen, sich auch im virtuellen Meeting vorzustellen. Ich würde aber auch zu individuellen Gesprächen raten, um Zeit miteinander zu verbringen und Fragen und Erwartungen zu klären. Diese Kommunikation mit dem Vorgesetzten sollte keine Ausnahme sein, sondern die Regel. Man sollte Routinen schaffen, denn Routinen geben eine gewisse Sicherheit und Verlässlichkeit.

Wie können sich Führungskräfte auf Krisenzeiten vorbereiten?

Schneider: Ich rate jeder Führungskraft, ein aktives Risikomanagement zu betreiben. Wo liegen mögliche Risiken? Zum Beispiel, dass Personal oder Lieferanten ausfallen. Solche Risiken gilt es einzukalkulieren. Das gilt auch für Sozial- und Gesundheitsunternehmen. So große Krisen wie Corona kann aber kein Risikomanagement einplanen. Denn man muss ja auch handeln können. Mittelfristig können wir aber viele Risiken einpreisen.

Was lässt sich aus der Corona-Krise lernen?

Schneider: Wenn wir etwas aus der Krise lernen können, dann Risikomanagement. Aber auch das Wissen, dass wir nicht allmächtig sind trotz unserer technischen Möglichkeiten. Wir gewinnen neue Kompetenzen hinzu, die sicherlich auch unsere Resilienz stärken können. Es ist nicht alles schlecht. Wir haben gelernt, dass wir auch auf Distanz Kontakt zu unserer Familie und zu unseren Freunden halten können. Es gab einen großen Schub in Richtung Digitalisierung. Vor einem Jahr habe ich eine reine Online-Lehre noch abgelehnt, weil ich es zu unpersönlich fand. Das kann ich mir jetzt als Professor nicht mehr erlauben. Ich muss jetzt überlegen, wie ich den Stoff in anderer Form rüberbringe, die Leute aber trotzdem noch Spaß am Lernen haben. Es gibt viele Tools, die man nutzen kann und auch sollte: Man kann Kleingruppen bilden, Pausen einbauen oder Möglichkeiten zur Rückmeldung zur Verfügung stellen. Unser Repertoire an Möglichkeiten ist gewachsen.

 

Armin Schneider, Dr. phil., Professor für Empirische Sozialforschung und Sozialmanagement, Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften an der Hochschule Koblenz sowie Direktor des Institutes für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB). Langjährige Erfahrung im Management der Kinder- und Jugendhilfe und in der Leitung eines Forschungsinstituts. Derzeitige Schwerpunkte: Leadership, nachhaltiges Management, Organisationsethik, Qualitätsentwicklung im Diskurs

Links der Woche 45/2021

Links der Woche #45/2020

Jede Woche tragen wir an dieser Stelle Beiträge, Studien, Artikel und Interviews zusammen, deren Lektüre wir für lohnenswert erachten und berichten über Nachrichten in sozialen Medien, die wir beachtenswert – oder auch merk(!)würdig – finden.

Weiterbildung: Digitale Kompetenz in der Pflege

Auch das Gesundheitswesen erlebt derzeit einen Digitalisierungsschub. Robotik, E-Health-Werkzeuge und telemedizinische Produkte halten Einzug in die Pflege und im Gesundheitswesen. Pflegefachpersonen stoßen hier jedoch oft an ihre Grenzen. Ihnen fehlt es oftmals an digitaler Kompetenz. Aus diesem Grund beschäftigen sich zwei Wissenschaftlerinnen mit ihrem Team an der Fakultät Gesundheitswesen der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften mit der bedarfsgerechten Entwicklung, Erprobung sowie Evaluation eines wissenschaftlichen Weiterbildungsangebots im Bereich der Telemedizin/Telepflege. Das Projekt trägt den Namen „T-Nugd – Telenursing-Nursing goes digital“. Zum Artikel:  https://nachrichten.idw-online.de/2020/11/05/digitale-kompetenzen-fuer-pflegefachpersonal/?groupcolor=2

Roboter sollen gegen soziale Isolation helfen

Vor allem ältere Menschen ab 65 Jahren leiden während der Corona-Pandemie unter der sozialen Isolation. Hier können soziale Roboter zum Einsatz kommen, die die negativen Folgen verringern. In einer konzeptionellen Studie beschäften sich Wissenschaftler aus den Niederlanden, Schweden, der Türkei und der Universität Hohenheim derzeit mit Möglichkeiten, Anforderungen und Hindernissen von sozialen Robotern. Zum Beispiel stellt sich die ethische Frage, inwieweit Roboter Menschen ersetzen können und sollen. Zum Artikel:  https://www.onetoone.de/artikel/db/494408sh.html

Corona-Pandemie erhöht Personalnotstand

Thomas van den Hooven ist Pflegedirektor an der Uniklinik Münster und Mitglied im Präsidium der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Im Interview mit der Welt spricht er über den Personalnotstand, den die zweite Welle auf den Intensivstationen auslösen könnte. Schon jetzt sei die Stimmung bei vielen Pflegekräften schlecht. Personaluntergrenzen werden teilweise ausgesetzt. Zum Artikel:  https://www.welt.de/politik/deutschland/article219389840/Corona-und-Pflege-Viele-wollen-so-nicht-mehr-weiterarbeiten.html

Bund erweitert Digitalpakt Schule

Das Förderprogramm „Digitalpakt Schule“ wurde vor über einem Jahr mit ursprünglich fünf Milliarden Euro ins Leben gerufen. Der Bund wollte die Summe für den Aufbau der digitalen Infrastruktur an den Schulen investieren. Geplant war zum Beispiel die Installation von schuleigenem WLAN oder die Anschaffung digitaler Tafeln. Inzwischen wurde der Digitalpakt sogar aufgestockt. Schulen erhalten nun auch für die Wartung digitaler Technik 500 Millionen Euro vom Bund. Zum Artikel:  https://www.forschung-und-lehre.de/lehre/mittel-fuer-digitalisierung-der-schulen-ausgeweitet-3221/

Modernes Personalmanagement in Kitas: Unsere E-Books zum Thema

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Leitungen und Träger benötigen zur Organisation des meist hektischen Alltags in Kitas praxistaugliche Fachinformationen.

Unsere E-Books bieten Führungskräften und pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichungen theoretische Grundlagen und praktische Empfehlungen für die Umsettzung innovativer Konzepte im Bereich Personalführung und Personalmanagement.

Entwicklung eines Verfahrens zur systematischen Leistungsbeurteilung

Leitfaden für Führungskräfte von Kindertageseinrichtungen

Coverabbildung Entwicklung eines Verfahrens zur systematischen Leistungsbeurteilung

Führungskräfte in Kindertageseinrichtungen müssen sich regelmäßig Kenntnis über die beruflichen Leistungen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschaffen. Dieses Buch bietet Führungskräften neben  theoretischen Grundlagen einen Leitfaden für die Entwicklung eines Verfahrens zur Leistungsbeurteilung in der eigenen Einrichtung, um die Handlungskompetenz des pädagogischen Personals an die steigenden Anforderungen anpassen zu können.

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Kompetenzorientierter Personaleinsatz

Ein zukunftsfähiges Konzept des Personalmanagements in Kindertageseinrichtungen

Coverabbildung Kompetenzorientierter Personaleinsatz

Es muss nicht jeder alles können – ausgehend von dieser Thease und angesichts des erweiterten Aufgabenspektrum von Kindertageseinrichtungen und des umfangreichen Anforderungsprofils von pädagogischen Fachkräften arbeitet die Autrorin die Notwendigkeit einer Kompetenzorientierung und die damit verbundene Differenzierung und Spezialisierung der Aufgaben in pädagogische Schwerpunktbereiche heraus.

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Partizipative Personalführung

Methoden des Unternehmens Google übertragen auf Kindertageseinrichtungen

Coverabbildung Partizipative Personalführung

Ein Vergleich der Strukturen des Unternehmens Google mit Kindertageseinrichtungen zeigt, dass sowohl die Art der zu bewältigenden Aufgabe als auch die Struktur und das Umfeld aus theoretischer Sicht für die Anwendung partizipativer Führung in Kindertageseinrichtungen sprechen. Die Autorin stellt dar, wie Einrichtungen von partizipativer Führung pofitieren können und welche Faktoren die Implementierung erschweren.

>> Weitere Informationen und Leseprobe

 

 

 

Links der Woche 26/2021

Links der Woche #26/2020

Jede Woche tragen wir an dieser Stelle Beiträge, Studien, Artikel und Interviews zusammen, deren Lektüre wir für lohnenswert erachten und berichten über Nachrichten in sozialen Medien, die wir beachtenswert – oder auch merk(!)würdig – finden.

Interview mit Kordula Schulz-Asche: Pflegedienste im Ausnahmezustand

„Viele Pflegedienste sind seit Wochen im Ausnahmezustand“, sagt die pflegepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Kordula Schulz-Asche. Die Corona-Pandemie habe die Probleme in der Pflege verstärkt. Vor allem die Defizite in der Langzeitpflege dürften auch nach der Krise nicht in Vergessenheit geraten. Dazu gehören zum Beispiel die prekäre Lohnsituation und die schweren Arbeitsbedingungen. Gerade stehe aber die Frage nach Impfstoffen und ihre Verteilung sowie Schutzausrüstung in ausreichendem Umfang im Fokus. Zum Artikel:  http://www.haeusliche-pflege.net/Infopool/Nachrichten/Pflegedienste-seit-Wochen-im-Ausnahmezustand

Digitalisierung: Ethische Richtlinien nötig

In der freien Wohlfahrt gewinnt die Digitalisierung an Bedeutung. Die zwischenmenschliche Beziehung leide jedoch zunehmend darunter, kritisiert Michael Puntschuh, Projektmitarbeiter beim Bundessozialministerium. Hassreden in sozialen Medien oder der Einsatz von Roboterrobben zur Therapie von Alzheimer-Patientinnen und Patienten in Japan gäbe Anlass zum Nachdenken. Er fordert daher ethische Standards und Richtlinien für die Digitalisierung. Aktuell zeige die freie Wohlfahrtspflege noch wenig aktive Verantwortung in diesem Bereich. Zum Artikel:  https://www.wohlfahrtintern.de/startseite/newsdetails/article/wir-brauchen-eine-richtschnur-fuer-ethische-fragen-der-digitalisierung/

Wie Robotik und Künstliche Intelligenz die Pflege verändert

Die Digitalisierung hält nicht nur im Home Office Einzug, sondern auch in den Pflegeheimen. Humanoide Roboter, die pflegebedürftige Menschen umsorgen, könnten schon bald Realität werden. Wie werden diese digitalen Helfer die Pflege verändern? Vor allem könnten Sie Pflegefachkräfte unterstützen und wieder mehr Zeit für zwischenmenschliche Kommunikation verschaffen. Auch andere digitale Tools könnten dazu beitragen – von der elektronischen Patientenakte bis hin zur automatisierten Dokumentation. Zum Artikel:  https://www.techtag.de/digitalisierung/robotik-und-ki-wie-die-digitalisierung-die-pflege-veraendert/

Sieger der Social Startup-Initiative „found! 2020“ gekürt

Deloitte Österreich und Impact Hub Vienna suchten nach innovativen Projektideen, die geflüchtete Personen unterstützen. Nun stehen die Gewinner der Initiative „found! 2020“ fest: Vienna Hobby Lobby und FoodStories konnten die Jury überzeugen. Das Team von Vienna Hobby Lobby bietet Kindern und Jugendlichen aus sozial benachteiligten Schichten kostenlose Freizeitprogramme und Workshops. Sie landeten mit dieser Idee auf Platz 1. Platz 2 sicherte sich das Startup FoodStories, das geflüchtete Frauen als Köchinnen und Kochlehrerinnen beschäftigt. Die Frauen begeistern mit traditionellen Gerichten aus ihren Heimatländern entweder in Kochkursen oder über Lieferdienste. Zum Artikel:  https://newsroom.sparkasse.at/2020/06/24/social-startup-initiative-found-2020/82790