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Von der Organisationsberatung über die Organisationsentwicklung und das Change-Management zum Transformations-Management – eine Zeitreise

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Paul Brandl

Bedingt durch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Veränderungen passen sich auch betrieblichen Organisationen an. In den letzten 50 Jahren hat sich auch die Organisationsberatung zur Organisationsentwicklung (OE), zum Change-Management (CM) und dann zum Transformations-Management (TM) verändert – jeweils mit dem Ziel, den Aufbau und die Abläufe einer Organisation zu verbessern: mehr Effizienz und Effektivität. Obwohl sich die Ansätze im Laufe der Zeit weiterentwickelt haben, stehen heute alle vier Organisationsmodelle gleichwertig nebeneinander.

1. Organisation, Umwelt und Dienstleistungen verändern sich …

Nach dem zweiten Weltkrieg stand die Produktion im Vordergrund. Die Organisationsberatung als externe Beratungsleistung erlebte hier ihre Blüte mit dem Ziel, Aufbau und Ablauf einer Organisation zu verbessern. Dazu wurden von externen BeraterInnen Informationen eingeholt und anhand eines Organisationsmodells strukturiert. Die Priorisierung der Vorschläge und deren Umsetzung lag anschließend bei den Auftraggebern.

Mit der Zeit erkannte man die Grenzen dieser Beratungsform: aus der Außensicht analysiert, ohne Entwicklung von Dienstleistungen, ohne konsequente Ausrichtung auf den Kunden – siehe etwa das statische Modell von McKinsey mit den 7S Kernvariablen: Strategie als Wettbewerbsvorteil, Struktur als hierarchisches Gerüst, Systeme bilden den Rahmen, Skills meint charakteristische Fähigkeiten, Staff als Mitglieder der Organisation, Stil im Sinne von Unternehmenskultur, Selbstverständnis als Unternehmensleitbild.

Das 7S-Modell von McKinsey | Hans-Jürgen Geiß

2. Organisationsentwicklung mit den MitarbeiterInnen

Der Ursprung des Veränderungsmanagements geht auf Forschungen und Entwicklungen in den USA der 1930er Jahre zurück. Roethlisberger/Mayo entdeckten, dass die Leistungsfähigkeit der MitarbeiterInnen stärker von der Aufmerksamkeit für die MitarbeiterInnen beeinflusst wurde als durch Änderungen der Arbeitsbedingungen. Handlungsleitend waren die Erkenntnisse der Human Relations Bewegung und auch der Gruppendynamik. So entstand das Konzept der Organisationsentwicklung (OE) mit den Zielen der Verbesserung der Leistungsfähigkeit zur Erreichung der strategischen Ziele des Unternehmens und der Verbesserung der Qualität des Arbeitslebens für die MitarbeiterInnen. Die Veränderungen werden zusammen mit den MitarbeiterInnen entwickelt. OE-Prozesse sind geprägt durch Hilfe zur Selbsthilfe. Das dynamische Organisationsmodell ist an den menschlichen Lebenslauf angelehnt und hat vier Phasen:

  • Pionierphase als Familienorganisation
  • Differenzierungsphase als organisatorischer Apparat
  • Integrationsphase als Organismus
  • Assoziationsphase als Biotop

Diese Phasen werden von Glasl/Lievegoed anhand des Wandels von 7 Wesenselementen charakterisiert, die eine Diagnose der Subsysteme innerhalb einer Organisation ermöglichen:

  1. Kulturelles Subsystem: Identität, Policy, Leitsätze, Programme
  2. Soziales Subsystem: Struktur, Menschen, Einzelfunktionen
  3. Technisches Subsystem: Prozesse, physische Mittel

Im Laufe der Jahre wurde für die Unternehmen der Veränderungsdruck immer größer – eine Schärfung der Ziele in der OE war die Folge.

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3. Change-Management – gezielt mit den MitarbeiterInnen

Die längerfristig angelegten Entwicklungsprozesse der OE werden in gezielte, strukturierte und überschaubare Veränderungsprozesse umgewandelt. Als Change Management (CM) lassen sich alle Aufgaben, Maßnahmen und Tätigkeiten zusammenfassen, die eine umfassende, bereichsübergreifende und inhaltlich weitreichende Veränderung zur Umsetzung neuer Strukturen, Systeme, Prozesse oder Verhaltensweisen in einer Organisation bewirken sollen. CM bezeichnet das planvolle Management von Veränderungsprozessen von einem Ausgangszustand hin zu einem Zielzustand. Es werden die Einzelschritte strategisch sinnvoll geplant, gesteuert, kontrolliert und stabilisiert. Mitverantwortlich dafür sind die nachfolgenden Bedingungen:

  • Innovationssprünge in der Informatik, Telekommunikation und Logistik
  • Verknappung der Ressource Zeit
  • Verknappung der Ressource Geld
  • Steigerung der Komplexität
  • Interkulturelle Zusammenarbeit in einer globalen Ökonomie

Die Herausforderung ist eine effizientere Bewältigung von Aufgaben mit höherer Geschwindigkeit. Dies zeigt sich in Fusionen, Pleiten, Neugründungen, Entlassungen, etc. Bewährte Instrumente des CM werden zielorientiert auf Diagnosen, Problemanalysen, Zielfindungen, Projektmanagement, Moderation und Mitarbeiterbefragungen ausgerichtet.

Zunehmend werden Umweltbedingungen wie Markt, Politik und Gesellschaft berücksichtigt. Betroffene werden von Anfang an darauf vorbereitet, dass Veränderungen mit negativen Konsequenzen wie Unsicherheit und Ängsten verbunden sein können. Das schon in der OE angewandte Prinzip „Hilfe zur Selbsthilfe“ wird ergänzt durch das „Prinzip der Selbstverantwortung“. CM ist also zeitlich beschränkt, gilt einem zu definierenden Ziel, der Prozess ist „von oben“ gesteuert und häufig mit externen BeraterInnen.

Als Beispiel ist hier das St. Gallener Management-Modell angeführt, das die Prozesse eines Unternehmens als ein System von Prozessen begreift. In einer kurzen Prozesszeit liegt eine wichtige Voraussetzung für unternehmerischen Erfolg. Es wird unterschieden zwischen Management-, Geschäfts- und Unterstützungsprozessen. Diese unterliegen den Entwicklungsmodi: einer kontinuierlichen Verbesserung im Sinne von Optimierung und dem Schaffen von völlig Neuem durch Erneuerung. Dazu kommen die Ordnungsmomente: Strategie (Was), Struktur (Arbeitsteilung) und Kultur (Normen, Werte, Einstellungen, etc.).

Das St. Galler Management-Modell | Johannes Rüegg-Stürm

Die Unternehmen sind eingebettet in die Umweltsphären (Wirtschaft, Gesellschaft und Ökologie). Die Anspruchsgruppen sind in irgendeiner Form von der Wertschöpfung der Unternehmen betroffen – notwendigerweise konfliktbeladen. Dazu kommen die Interaktionsthemen (Normen, Werte, Interessen, Ressourcen, etc.).

4. Transformations-Management als nächster Schritt

Der Veränderungsdruck in den Unternehmen steigt mit neuen Anforderungen (Demografie, Digitalisierung, Corona). Das Transformations-Management (TM) beschäftigt sich nun mit der Frage, was man tun muss, um MitarbeiterInnen für die Veränderung zu motivieren. Im Unterschied zu CM liegt der Fokus auf einem Portfolio von sich gegenseitig beeinflussenden Initiativen.

Das übergeordnete Ziel einer Transformation ist nicht nur die Umsetzung von fertigen Organisationskonzepten, es geht um das Neuerfinden eines Geschäftsmodells basierend auf einer Vision für die Zukunft, etwa die digitale Transformation.

Weil bei Transformationsvorhaben praktisch alle Bereiche eines Unternehmens betroffen sind, sind diese mit höheren Risiken weniger berechenbar. Führungskräfte müssen dafür neben CM-Kenntnissen ihre Führungsfähigkeiten in den Bereichen Unternehmenskultur, Flexibilität, Agilität, dynamische Koordination von Ressourcen, stärkere Zusammenarbeit über Organisationsgrenzen hinweg und Kommunikation bei Unsicherheiten verstärken. Zudem werden eine hohe Selbstsicherheit und Krisentauglichkeit der MitarbeiterInnen gefordert.

Transformation ist gleichermaßen ein Prozess der Ermittlung und des Experimentierens wie auch der Umsetzung. Der mögliche Erfolg: eine agilere, für die Zukunft umfassend ausgerichtete Unternehmung, welche sich im Markt nachhaltig behaupten kann. Die Organisation wird als Kreis mit drei Schichten dargestellt: Führung – Support – Operative Einheit tunlichst mit einer agilen IT als Rückgrat.

5. Organisationsmodelle zur Orientierung …

In der Praxis finden wir viele Modelle bei Veränderungsprojekten. Für Führungskräfte, VeränderungsmanagerInnen und BeraterInnen macht es Sinn mehrere Organisationsmodelle zu kennen: Im Vorfeld eines Veränderungsprojektes können sich VeränderungsmanagerInnen und BeraterInnen auf Basis dieser Modelle verständigen und so die Kommunikation und Transparenz der Entscheidungen auch für die betroffenen ArbeitnehmerInnen nachvollziehbarer machen.

Porträt Brandl Paul

FH-Prof. Dr. Paul Brandl lehrte an der Fachhochschule Oberösterreich Campus Linz, Department Gesundheits-, Sozial- und Public Management in den Bereichen Organisation und Qualitätsmanagement. An diversen Hochschulen nimmt er Lehraufträge wahr und berät im Bereich der Sozialwirtschaft.

Seine Forschungsinteressen gelten dem Prozessmanagement, dem Qualitätsmanagement sowie moderner Dienstleistungsentwicklung.


Quellen:

Aufenthaltsraum in einem Pflegeheim: Von hinten ist eine alte Dame zu sehen, ein Rolator steht an ihrem Tisch

Vier Tipps: So kann Integration ausländischer Pflegekräfte gelingen

Seit Jahren kämpft die Pflege mit akutem Personalmangel. Immer mehr Einrichtungen reagieren auf den Notstand mit der Anwerbung von ausländischen Fachkräften – mit Erfolg. Inzwischen hat sich daraus ein professionelles Geschäftsmodell entwickelt, in jedem größeren Sozial- und Gesundheitsunternehmen sind internationale Mitarbeitende tätig.

Doch viele Unternehmen tun sich schwer damit, ihre ausländischen Fachkräfte längerfristig zu halten. Jeder Vierte möchte Deutschland nach einigen Jahren wieder verlassen. Weitere 24 Prozent möchten zwar in Deutschland bleiben, aber ihren Arbeitgeber wechseln. Das ergab eine Umfrage, die Maja Roedenbeck Schäfer und Olivia Prauss für ihren Fachratgeber „Betriebliche, soziale und kulturelle Integration ausländischer Fachkräfte“ durchgeführt haben.

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In einem weiterführenden Artikel gibt Maja Roedenbeck Schäfer nun Tipps, die zu einer gelungenen Integration von internationalen Mitarbeitenden beitragen können:

  1. Personalverantwortliche sollten sich bewusst machen, dass Integration über den Betrieb hinausgeht und das gesamte Umfeld des Mitarbeitenden betrifft – von der Wohnsituation über Sprachkenntnisse bis zu Hobbies und Freizeitaktivitäten.
  2. Führungskräfte sollten sich mehr in den Integrationsprozess einbringen. Häufig werden Teams dabei allein gelassen. Das Management soll entsprechende Integrationsmaßnahmen planen und deren Umsetzung überwachend begleiten.
  3. Zur Integration gehört ein schriftliches Integrationskonzept, in dem neben Onboarding-, Mitarbeiterbindungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen alle weiteren Maßnahmen festgehalten werden, die zur Integration der ausländischen Fachkräfte beitragen sollen. Das Konzept soll regelmäßig evaluiert und weiterentwickelt werden.
  4. In Integrationsworkshops können sich einheimische und ausländische Fachkräfte über ihre Kulturen austauschen und sich ausführlich mit dem Thema beschäftigen. Auch der Austausch mit anderen Unternehmen kann dabei hilfreich sein.

Bei allen Maßnahmen sollte beachtet werden, dass Menschen unterschiedlich lange brauchen, um sich in einem neuen Land einzuleben. 30 Prozent der von Maja Roedenbeck Schäfer und Olivia Prauss befragten ausländischen Fachkräften brauchten mehr als ein Jahr, um sich in Deutschland angekommen zu fühlen. Geduld ist demnach ein wichtiger Aspekt im Integrationsprozess.

„Community Nurse“ soll mobile (Alten-)Betreuung für Menschen mit Selbstversorgungsdefiziten weiterentwickeln

Personalmangel, immer mehr Menschen mit Selbstversorgungsdefiziten und begrenzte Budgets stellen die mobile und stationäre (Alten-)Betreuung vor immer größere Herausforderungen. Ein dreiköpfiges Team hat nun ein Konzept entwickelt, das KlientInnenen mit Selbstversorgungsdefiziten unabhängig vom Alter ein möglichst selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen kann.

Mittelpunkt des Konzepts, das Gesundheitsexpertin Gabriela Hösl MSc, IT-Manager Ing. Jürgen Schnabler und Organisationsentwickler Prof. Dr. Paul Brandl entwickelten, ist die sogenannte „Community Nurse“. Dabei handelt es sich um eine Gemeindeschwester, die die Betreuung im regionalen Kontext organisiert und koordiniert, dabei wurde ganz besonders die österreichische Gesetzeslage berücksichtigt.

Die Community Nurse ist gemeinsam mit den KlientInnen und anderen „Playern“ in einem digitalen, regionalen Netzwerk verbunden. Andere Player können beispielsweise Hausärzte, Apotheken oder Friseure sein, aber auch Angehörige und Nachbarn gehören zum Sozialraum der KlientInnen.

Dieses analoge Netzwerk ermöglicht mithilfe der digitalen Plattform LISSI sowie der LISSI care APP, auf die alle Beteiligten in Echtzeit unternehmensübergreifend Zugriff haben, ein gemeinsames Planen, Dokumentieren und Abrechnen der Dienstleistungen.

Ein paar praktische Beispiele:

Eine Person mit Selbstversorgungsdefiziten bekommt regelmäßig Besuch von einem Nachbar. Dieser bemerkt während einer seiner Besuche Hautveränderungen bei der Person. Er fotografiert mit Erlaubnis die betroffene Hautstelle und lädt sie auf seiner LISSI-App hoch. Die Community Nurse erhält das Fotos mit derselben App und stellt fest, dass es sich um Bettwanzen handeln könnte. Dieser Verdacht erhärtet sich bei der zeitnahe geplanten und durchgeführten Pflegevisite.

Die Community Nurse verständigt den Arzt, welcher nach einem Hausbesuch oder auch bei einer digitalen Visite via LISSI-App ein Rezept zur Hautpflege ausstellt. Mithilfe des digitalen Netzwerks organisiert die Community Nurse alle weiteren Schritte: Raumaufbereitung, Wäscheaufbereitung und Ungezieferbekämpfung.

Das Konzept eröffnet die Möglichkeit, die digitale Plattform auch als Alarmsystem zu nutzen. Die Vitaldaten (Blutzucker, Blutdruck, …) des Klienten/der Klientin können via App erfasst werden. Wird der Grenzwert überschritten, kann der Klient/die Klientin mit einem Anruf darauf hingewiesen werden bzw. kann erfragt werden, ob Hilfe benötigt wird.

Ebenso kann in Zukunft über die LISSI-App die Medikamentenversorgung auch mittels Neuverblisterung der Medikamente organisiert werden. Geht das benötigte Medikament zur Neige, stellt die Blistersoftware den Bedarf fest. Dieser wird an die Community Nurse gemeldet und/oder der Arzt verschreibt in der Folge das Medikament, sodass die Lieferkette zum/r Klienten/in aufrecht bleibt. Eine analoge Bestellung wie bisher ist natürlich möglich. Die Abrechnung der Apotheke erfolgt über die App.

Leistungen jeder Art können erfasst werden, so auch der Taxitransport zum Friseur: Der Fahrer liest sich mit QR Code ein, bringt die Person zum Ziel und holt sie zum ausgemachten Zeitpunkt wieder ab. Die Endbestätigung mit QR Code dokumentiert und löst auch den Zahlungsvorgang aus.


Gesundheitsexpertin Gabriela Hösl MSc, IT-Manager Ing. Jürgen Schnabler und Organisationsentwickler Prof. Dr. Paul Brandl haben das Konzept der „Community Nurse“ entwickelt. Im Interview erzählen sie, was der Anstoß für die Weiterentwicklung der mobilen (Alten-)Betreuung war, welche Anforderungen an Community Nurses gestellt werden und was die nächsten Schritte sind.

Welche Idee steckt hinter dem Konzept? Was war der Anstoß dafür, das Konzept der „Community Nurse“ zu entwickeln?

Paul Brandl: Zunächst eine Beobachtung: Nach Entlassung aus Kliniken, wenn Menschen DAHEIM bleiben wollen, dann gab es Herausforderungen, die von einem vorhandenen extramuralen Dienst nicht ausreichend gewährleistet werden können – nicht nur bei älteren Personen, Angehörige, Nachbarn und Freiwillige stehen auch nicht mehr ausreichend zur Verfügung.

Gabriela Hösl: Aus dem Wundmanagement heraus entwickelte sich ein Geschäftsmodell, das ich in der Folge zum HÖSL-Konzept „Heimbetreuung ökonomisch sicher leben“ weiterentwickelte. Daraus habe ich meine ganz besondere Unique Selling Proposition entwickelt – also Leistungen, die die Menschen für einen sicheren Verbleib DAHEIM trotz Selbstversorgungsdefizit benötigen. Mein Fokus liegt nicht auf Körperpflege, sondern auf Education für Betroffene und deren Angehörigen – so konnte ich für die KlientInnen ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die Zufriedenheit war sehr hoch.

Jürgen Schnabler: Die LISSI als App und mittlerweile Plattform entstand aus der Beobachtung, dass verschiedene Personen auf dieselben Daten zugreifen könnten, um sich ihre Arbeit zu erleichtern.

Paul Brandl: Es geht um eine professionelle Zusammenarbeit von Personen, die zusammenarbeiten (müssen), ohne sich immer wieder zu sehen oder kontaktieren und deren Zeitressourcen knapp bemessen sind.

Was war und ist Ihre Rolle als Organisationsentwickler bei der Entwicklung des Konzepts?

Paul Brandl: Es gilt Auftraggeber zu finden, die entweder eine „Community Nurse“ als freie UnternehmerIn beauftragen oder ein Pflegedienst entwickelt sich zur „Community Nurse“ weiter. Es braucht auch Führungskräfte und Mitarbeiter, die ein regionales (Pflege-)Netzwerk aufbauen wollen. Diesen Personenkreis gilt es zu begleiten und zu befähigen. Am Anfang steht zunächst ein Pilotprojekt, das die Rahmenbedingungen und Prozesse bis hin zu den Kosten und deren Verrechnung klärt, um dann in den Echtbetrieb zu starten.

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Gabriela Hösl: Ich habe eine Pflegepraxis selbständig geführt. Ein Teil der Arbeit ist es auch, zu sehen, ob alle involvierten Leistungserbringer ihre vorab geplanten bzw. vereinbarten Leistungen erfüllt haben. Ziel ist es etwa, zu sehen, ob die 24-Stundenpersonenbetreuung mit ihren Herausforderungen sicher zurechtkommt. Dazu gehört im Pflegeprozess als zentrales Element ein „Pflege-Assessement“.

Jürgen Schnabler: Dazu musste eine niederschwellige IT-Dokumentation im Sinne eines Plattformmodells erstellt werden. Darauf können die beteiligten Personen entsprechend einem Berechtigungssystem zugreifen, ihre Leistungen möglichst einfach dokumentieren und auch verrechnen – mittlerweile ist LISSI auch viersprachig, damit auch Personenbetreuer besser damit zurechtkommen.

Die Idee Ihres Konzepts erfordert von der Community Nurse sowohl hohe fachliche als auch digitale Kompetenzen. Welche Anforderungen werden an eine Community Nurse gestellt?

Gabriela Hösl:  Dieses Anforderungsprofil kann auch von mehreren Personen abgedeckt werden. Jedenfalls braucht es Personen, die ein regionales Netzwerk entsprechend dem Bedarf für Personen mit vorübergehenden oder dauernden Selbstversorgungsdefiziten aufbauen wollen. Sie schließt die Lücke zwischen Akuteinrichtungen und der mobilen Krankenpflege und -betreuung und muss daher Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger (DGKP) sein:

  • Ausbildung als DGKP
  • Mindestens 3 Jahre Berufserfahrung

Hilfreich und empfehlenswert wäre:

  • Wundmanagementausbildung mit zweijähriger Berufserfahrung
  • Kooperation mit regionalem/Konzession für Medizinproduktehandel
  • Advanced Nursing Practice oder höheres Pflegemanagement (BSc)
  • Grundlagen des Rechnungswesens
  • Rechtskenntnisse in GuKG, ÄrzteG, MABAG, ÖNORM CEN-TE 16118
  • Grundlagen zur agilen Organisation/gewaltfreie Kommunikation

Aufgaben als Selbständige/r oder im Angestelltenverhältnis einer/s Gemeinde/Verbandes:

  • Aufbau eines regionalen Netzwerks (Ärzte, Wirtschaft, Freiwillige, KlientInnen)
  • Durchführung und Administration der pflegerischen Tätigkeiten
  • Abdeckung der Gesundheitsleistungen im häuslichen Bereich, insbesondere Anleitung von KlientInnen, Angehörigen und Freiwilligen
  • Organisation diverser Dienstleistungen wie Transport, Einkauf, Friseur, …

Welchen praktischen Nutzen erhoffen Sie sich für die KlientInnen bei der Umsetzung Ihres Konzepts?

Gabriela Hösl: Ein längerer Verbleib von mobil eingeschränkten Personen im häuslichen Umfeld durch regelmäßige bedarfsgerechte Pflegevisiten, frühzeitiges Erkennen von Verschlechterung der Allgemeinsituation und rechtzeitiges Eingreifen durch professionelles Handeln, sodass auch bei herabgesetzter Handlungsfähigkeit Sicherheit gegeben wird. Je nach Setting muss ggf. ein Pflegedienst involviert werden, eine 24-Stundenpersonenbetreuung organisiert oder auch eine Übersiedelung in eine Langzeitpflegeeinrichtung organisiert werden – immer dem Setting inkl. dem sozialen Umfeld entsprechend.

Wie geht es nun weiter? Was sind die nächsten Schritte?

Gabriela Hösl: Es werden entweder Einzelpersonen, die sich selbständig machen, gesucht oder sehr sinnvoll erscheint mir, diese Leistungsform über eine schon bestehende extramurale Organisation anzubieten.

Produktbild Finanzierung von Organisationen der Sozialwirtschaft

Neuerscheinung: Finanzierung von Organisationen der Sozialwirtschaft

Unternehmen der Sozialwirtschaft „leben“ durch Leistungsentgelte und Pflegesätze, die sie von der öffentlichen Hand erhalten (Sozialversicherungsträger, Sozialhilfeträger, Eingliederungshilfeträger usw.), von  Zuwendungen, Zuschüsse, aber auch von Spenden und Sponsoring Privater.

Der Inhalt – Grundlagen und praktische Anwendung

Dieses neue Lehrbuch in der Großen Blauen Reihe „Finanzierung von Organisationen der Sozialwirtschaft“ enthält

  • Grundfragen der finanzwirtschaftlichen Planungsaufgaben
  • Grundlagen der betriebswirtschaftlichen bzw. sozialwirtschaftlichen Finanzierung
  • Indirekte Finanzierung: Leistungsentgelte und Pflegesätze im
    SGB VIII (Kinder-und Jugendhilfe),
    SGB IX (Eingliederungshilfe ab 2020),
    SGB XI (Soziale Pflegeversicherung),
    SGB XII (Sozialhilfe)
  • Öffentliche Fördermittel: Direkte Finanzierung, Zuwendungen, Subventionen
  • Fördermittel aus der Soziallotterie
  • Private Mittel für die Finanzierung: Fundraising, Sponsoring, Spenden, Crowdfunding
  • Vergaberecht für soziale Organisationen

Zudem wird praxisnah erklärt, wie man bei Leistungs- und Entgeltverhandlungen bestehen kann:

  • Gute Vorbereitung ist entscheidend – was alles zu bedenken ist
  • Gekonnt verhandeln mit dem Leistungsträger
  • Die häufigsten Verhandlungstricks
  • Tipps für eine gute Leistungs- und Vergütungsverhandlung

  >> Zum Inhaltsverzeichnis

Das Autorenteam – Theorie trifft Praxis

Die theoretischen betriebswirtschaftlichen und sozialwirtschaftlichen Grundlagen stammen von  Prof. Dr. Klaus Schellberg. Er lehrt an der Evangelischen Hochschule Nürnberg Betriebswirtschaftslehre für Sozialunternehmen und ist Studiengangsleiter im Masterstudiengang Sozialmanagement.

Die Darstellung der Rechtsgrundlagen und Regelungsbereiche der einzelnen Finanzierungsformen sowie Erläuterungen, Tipps und Tricks zu den Vergütungsverhandlungen stammen von  Claudia Holtkamp vom Paritätischen Wohlfahrtsverband Bayern. Sie ist tagtäglich mit diesen Fragen befasst und zudem Mitglied der Schiedsstelle Bayern für das SGB IX und SGB XII.

Die Austattung – Hilfe beim Lernen

Wie bei allen Büchern der  Großen Blauen Reihe wurde auch hier auf didaktische Aufbereitung mit vielen Schaubilder, Checklisten, Tabellen und Marginalien zum Querlesen geachtet. Das großzügige Layout bietet Platz, um sich Notizen zu machen.

>> Weitere Infos und eine Bestellmöglichkeit finden Sie unter  Publikationen

Snippet von der Homepage Recruiting to go

Recruiter*innen in Sozial- und Pflegeeinrichtungen, vernetzt euch!

Recruiter in einer Sozial- oder Pflegeeinrichtung zu sein, ist ein ziemlich einsamer Job. Es ist eben kein Geld für eine richtige Recruiting-Abteilung mit Social Media-Manager, Active Sourcer und Employer Branding-Stratege da – und auch kein Know How, auf das man zurückgreifen kann. Umso wichtiger sind die trägerübergreifende Vernetzung und der Austausch von Erfahrungen.

Maja Roedenbeck Schäfer stellt hier ihr neues Angebot vor.

Employer Branding-Strategieprozess, Mitarbeitervideos, die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland und das Ausprobieren neuer digitaler Recruiting-Tools – das sind nur einige der zahlreichen neuen Aufgaben, die Personalabteilungen im Sozial- und Gesundheitswesen in Angriff nehmen müssen, um in Zeiten des Fachkräftemangels wettbewerbsfähig zu bleiben.

Neue Wege der Personalgewinnung: Wie anfangen?

Immerhin beginnen die Führungsebenen, das zu verstehen, und schaffen neue Positionen für Recruiter oder Projektleiter. Doch die stehen dann vor einer Herkulesaufgabe. Mit welchen Aufgaben sollen sie anfangen? Mit wem können Sie sich austauschen?

Im Grunde muss der gesamte Arbeitsprozess, der jahrzehntelang funktioniert hat, es aber jetzt nicht mehr tut, neu strukturiert werden. Innerhalb der Einrichtung ernten die Recruiter mit ihren Ideen, Fragen und Änderungswünschen oft ein Schulterzucken oder sogar Ablehnung. Für jedes einzelne Teilprojekt müssen sie bei Adam und Eva anfangen: Aufklärungsarbeit leisten, Konzepte schreiben, Anbieter recherchieren.

Sehr hilfreich ist es da, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann. In Wirtschaftsunternehmen geht das innerhalb der eigenen Abteilung oder der Tochtergesellschaften, im Sozial- und Gesundheitswesen sind Kolleg*innen in anderen Trägern oder Einrichtungen die einzige Möglichkeit.

Kooperation anstelle von Konkurrenzdenken

Eines spricht natürlich dagegen, sich von ihnen in die Karten schauen zu lassen: Alle suchen nach dem Geheimrezept, um in Zeiten des Fachkräftemangels Pflegekräfte und pädagogische Fachkräfte in Mengen zu finden und an den eigenen Arbeitgeber zu binden. Und wer das Geheimrezept gefunden hat, hätte einen Wettbewerbsvorteil von unschätzbarem Wert. Doch der Konkurrenzgedanke ist fehl am Platz. Denn erstens gibt es kein Geheimrezept, sondern nur den Weg des mühsamen Ausprobierens von verschiedensten Methoden, die jeweils kleinere Anzahlen von Fachkräften einbringen und zu Säulen der Recruiting-Strategie ausgebaut werden können. Und zweitens wird man als Einzelkämpfer nicht mithalten können, wenn man sich jede Methode selbst erarbeitet. Dabei Anfängerfehler macht, vor denen einen andere hätten warnen können. Oder mühsam das Budget für eine Agenturberatung zusammenspart. Die Branche muss zusammenhalten und ihre Kräfte bündeln, um der Personalnot entgegenzutreten. Networking ist der einzige Weg.

Plattform für die Vernetzung

Eine Plattform für die Vernetzung ist der Blog  https://recruiting2go.de/. Dort stellt eine wachsende Community aus Recruitern aus Sozial- und Pflegeeinrichtungen ihre ersten Versuche wie auch Erfolgsprojekte mit neuen Methoden und Kanälen der Personalgewinnung vor. Arbeitshilfen wie Leitfäden, Checklisten oder statistische Auswertungen werden ausgetauscht. Zu vielen verschiedenen Fragen immer mit speziellem Fokus auf die besonderen Bedarfe des Sozial- und Gesundheitswesens gibt es eine Antwort. Zum Beispiel:

  • Wie finde ich das passende Bewerbermanagementsystem für meinen Träger?
  • Welche Erfahrungen gibt es mit der Anwerbung ausländischer Fachkräfte?
  • Wie kann man bei Facebook Bewerbungen generieren?

Und viele mehr. Der erste Schritt, um Zugang zu diesem Know How zu erhalten, ist die Anmeldung für den Newsletter „Recruiting to go“, siehe Anmeldeformular am unteren Ende der Seite  https://recruiting2go.de/. Neu-Abonnenten erhalten zehn Tage lang jeden zweiten Tag eine E-Mail aus der Begrüßungs-Serie mit strukturierten Informationen zu fünf zentralen Themen rund um das Recruiting in Sozial- und Pflegeeinrichtungen:

  • Strategie
  • Zeitgemäße Stellenanzeigen
  • Digitale Recruiting-Tools
  • Personalmarketing
  • Anwerbung ausländischer Fachkräfte

Coverabbildung Buch Wie die Anwerbung von ausländischen Fachkräften gut gelingen kann

Mit jeder Mail gibt es kostenlose Arbeitshilfen wie Leitfäden oder Checklisten sowie eine exklusive Leseprobe aus dem Walhalla-Fachratgeber „Wie die Anwerbung von ausländischen Fachkräften gut gelingen kann“.

 

 

Nach Abschluss der Begrüßungsserie erhalten Sie nur noch in unregelmäßigen Abständen den Newsletter „Recruiting to go“ mit neuen Blogartikeln (selbstverständlich können Sie sich jederzeit wieder abmelden).

Sie sollten inzwischen einen guten Überblick über die Möglichkeiten des Blogs und der Recruiter*innen-Community gefunden haben – und vielleicht schon bald in der Lage sein, der Community ihre eigenen Erfolgserlebnisse mit der Rekrutierung von pädagogischen und pflegerischen Fachkräften auf neuen Wegen zu berichten!